geplantes AKW Belene. Abbildung: RWE

Berlin (epo.de). - Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation "Urgewald" sieht auf den Energiekonzern RWE einen "Reputations-GAU" zukommen, falls der Stromriese seine Beteiligungspläne am Atomkraftwerk Belene in Bulgarien weiter vorantreibt. Trotz Auseinandersetzungen und Kritik im eigenen Aufsichtsrat habe das RWE-Management am Freitag einen Vertrag über den Einstieg in das Atomkraftwerk Belene unterzeichnet, berichtete urgewald am Sonntag. Die dem Aufsichtsrat gemachten Versprechungen hinsichtlich der Sicherheit seien jedoch nicht einzuhalten.

Bei dem Vertrag geht es nach Darstellung von Urgewald zunächst um eine Projektentwicklungsgesellschaft, die in den nächsten 18 Monaten die Voraussetzungen für die Realisierung von Belene schaffen solle. Erst dann werde der Eigenkapitalbetrag von RWE freigegeben.

Umweltschützer glauben deshalb noch nicht an die Realisierung des Projektes. "RWE hat vollmundige Versprechungen gegenüber seinem Aufsichtsrat etwa zur Sicherheit von Belene gemacht, die nicht einzuhalten sein werden. Wir appellieren deshalb weiterhin an die Aufsichtsräte diese gefährliche und gewissenlose Investition zu streichen", sagte Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald.

KONFLIKTE IM AUFSICHTSRAT

Schücking sieht weiteren Konfliktstoff nicht nur im Aufsichtsrat voraus: "Mit dieser Entscheidung brüskiert RWE Chef Großman nicht nur einen Teil der Aufsichtsräte, viele Anteilseigner und Kunden des Konzerns. Er bringt die atomkritische Öffentlichkeit gegen RWE auf und steuert den Konzern geradewegs in einen Reputations-GAU."

Zu den "Tücken des Projektes" gehöre neben dem geplanten Standort in einem Erdbebengebiet das gefährliche politische Klima in Bulgarien, so Schücking. Eine Woche bevor RWE den Belene Vertrag unterschrieb, hatten zwei der profiliertesten Gegner des Projekts in Bulgarien Morddrohungen erhalten (epo.de berichete). "Dies hätte ein Warnsignal für das RWE-Management sein müssen, dass Atomprojekte auf dem Balkan nicht nach hiesigen Maßstäben zu realisieren sind", erklärte Schücking. "Wenn RWE an diesem atomaren Auslandsabenteuer festhält, geht das zu Lasten der Sicherheit und Gesundheit von Millionen von Europäern."

Laut Berichten der bulgarischen Presse erwirbt RWE für 1,275 Milliarden Euro einen Anteil von 49 Prozent an der neu gegründeten Belene Projektentwicklungsgesellschaft und zahlt außerdem eine Prämie von 500 Millionen Euro an den bulgarischen Energieversorger NEK.

RWE will sich nach Berichten von Umweltorganisationen auch an dem Bau des umstrittenen Atomkraftwerks Cernavoda 3&4 in Rumänien beteiligen. Die Umweltschützer kündigten für 2009 bereits eine breite öffentliche Kampagne gegen den "aggressiven Atomkurs" des Konzerns an.

RWE: CO2-FREIE STROMVERSORGUNG

RWE erklärte, das staatliche bulgarische Elektrizitätsunternehmen NEK habe RWE als strategischen Investor für eine 49-Prozent-Beteiligung am Projekt ausgewählt. "Es geht dabei um die Gründung einer Belene Power Company (kurz: BPC). Die Beteiligungsstruktur der BPC sieht vor, dass die bulgarische staatliche Stromgesellschaft NEK 51% und RWE Power 49% an der BPC halten werden. RWE hat die Option, ihren Anteil mit einem weiteren Partner zu teilen."

Erste Aufgabe der BPC wird es laut RWE sein, "das Projekt unter Berücksichtigung moderner Sicherheitsanforderungen weiter zu spezifizieren". Dies betreffe unter anderem das technische Konzept, in das auch die Unternehmen Siemens und Areva als Lieferanten der elektronischen Leittechnik eingebunden seien. Hinzu kämen die weitere sicherheitstechnische Analyse auf der Basis von Studien und Gutachten sowie das Genehmigungsverfahren.

"Derzeit werden umfangreiche geo-wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, um das erforderliche Auslegungsniveau zu bestimmen", erklärte RWE. "Auch hier wird es mit RWE keine Kompromisse geben."

Darüber hinaus seien noch Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Finanzierung, des Entsorgungskonzeptes und weiterer projektstrategischer Aspekte zu klären, räumte RWE ein. Der Stromkonzern wirbt in der Öffentlichkeit mit der angeblich umweltfreundlichen Atomkraft: "Das Projekt steht für eine sichere, kohlendioxidfreie und wettbewerbsfähige Stromversorgung in Bulgarien und in der Region. Als europäisches Unternehmen tragen wir Verantwortung für Umwelt und unsere Kunden. Wir wollen weiterhin unseren Beitrag leisten, Menschen zuverlässig mit Energie zu versorgen. Dabei bauen wir auch auf die CO2-freie Kernkraft. Gleichzeitig bietet das Vorhaben eine gute Option, um Wachstumschancen für RWE zu nutzen."

Auch die Gefährdung durch Erdbeben ist für RWE kein Argument gegen das Projekt. "Die Auslegung von Kernkraftwerken gegen Erdbeben ist weltweit vielfach anerkannte Praxis, z.B. in den seismisch aktiven Regionen wie Japan und Teilen der USA. Deshalb gibt es bisher auch keine Erkenntnisse, die die Erdbebensituation zum Ausschlusskriterium machen könnten", behauptet der Konzern.

Abbildung:geplantes AKW Belene. © RWE

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