Klimafreundlichkeit deutscher Konjunkturmaßnahmen. Grafik: GW/EcofysLondon/Bonn (epo.de). - Die G20 Staaten sind von einem “Green New Deal” bei der Wiederankurbelung der Wirtschaft weit entfernt. Das zeigt eine Analyse der Klimafreundlichkeit der Konjunkturpakete von fünf Ländern und der Europäischen Union, die Ecofys und Germanwatch im Auftrag der europäischen Umweltorganisation “Dritte Generation Umweltschutz” (E3G) und des WWF durchführten. Die Studie wurde anlässlich des Londoner Gipfeltreffens der 20 reichsten Industriestaaten (G20) am Donnerstag veröffentlicht.

Der Studie zufolge belaufen sich die nach Effektivität bereinigten klimafreundlichen Ausgaben der untersuchten Konjunkturpakete auf lediglich 73 Milliarden US-Dollar - bei einem Gesamtwert von 1.100 Milliarden US$. Das ist ein Anteil von 6,6 Prozent.

Germanwatch und Ecofys gehen davon aus, dass rund 1-3% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgewendet werden müssten, um die globalen Emissionen so weit zu reduzieren, dass der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius begrenzt werden kann. Das ist die von Wissenschaftlern geschätzte “erträgliche” Erderwärmung, an die sich die Menschheit noch anpassen könnte. Die jetzt vorgelegte Analyse zeigt, dass Deutschland und die USA "grünen" Maßnahmen mit rund 0,5% des nationalen BIP zwar die höchste Priorität gegeben haben. “Selbst diese Beträge sind aber deutlich unter dem erforderlichen Niveau der Investitionen, um einen katastrophalen Klimawandel zu vermeiden”, so die Studie.

INVESTITIONEN IN DIE VERGANGENHEIT

“Durch den Einsatz von Milliarden von Dollar bietet sich die Chance zu einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung in Zeiten der Rezession. Leider investieren die Länder noch immer in die Vergangenheit - und das nur Monate vor dem entscheidenden Klimagipfel in Kopenhagen”, sagte Jennifer Morgan, Direktorin des Klimaschutzprogramms von E3G. “Ohne entschiedenes Handeln wird der Klimawandel zu einer Krise, die noch weitaus katastrophalere Auswirkungen haben könnte.”

Klimafreundlichkeit von Konjunkturpaketen. Grafik: GW/Ecofys

Die deutsche Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch und Ecofys, ein Beratungsunternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien mit Büros in 12 Ländern, vermissen eine rechtzeitige Weichenstellung in den Konjunkturpaketen gegen die sich anbahnende Klimakrise. “Wir brauchen jährlich mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes, um den Umbau der Industrieländer in CO2-arme Gesellschaften zu schaffen”, forderte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch. “Die Studie zeigt, dass dieses Ziel von allen untersuchten Ländern weit verfehlt wird. Besonders erschreckend ist das italienische Konjunkturpaket, das sich durch massive Investitionen in den Straßenbau und somit den Autoverkehr insgesamt sogar negativ auf das Klima auswirken wird.”

0,5 PROZENT GRÜNES GELD

Deutschland zeige mit einem Anteil von 0,5 Prozent "grünem Geld" zwar eine bessere Leistung als die anderen analysierten Staaten. Dies sei aber nur die Hälfte der jetzt notwendigen Investitionen in Erneuerbare Energien oder Energieeffizienz, so die Studie.

“Begrüßenswert ist das Wärmeschutzpaket für deutsche Schulen und Universitäten”, erklärte Jan Burck von Germanwatch. “Allerdings zeigen schon die ersten Wochen, dass die Umsetzung nicht ausreichend geregelt ist. Es wird schon verschiedentlich zurückgerudert und ist nicht sichergestellt, dass das Geld auch wirklich da ankommt, wo es gebraucht wird.”

Burk weist darauf hin, dass diese im Konjunkturpaket an einer versteckten Stelle platzierten Gelder in einem Bericht der HSBC vom Februar nicht als “klimafreundlich” erkannt worden waren und dort folglich ein deutlich anderes Ergebnis präsentiert worden sei. Burck, einer der Autoren der Studie, fordert, es müsse “insbesondere mehr Geld in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden, denn diesen Bereich vernachlässigt das deutsche Konjunkturpaket sträflich”.

USA VERPASSEN KLIMAWENDE

Interessant sind die Aussagen zum mit Abstand größten Konjunkturpaket, dem der USA. “Hier zeigt sich, dass zwar im Vergleich zur vorherigen Regierung der neue Präsident Obama eine weitaus klimafreundlichere Politik betreibt, allerdings mit einem Anteil von gerade einmal 0,4 Prozent ‘klimafreundlichem Geld’ viel zu wenig unternimmt, um tiefgreifenden Wandel zu schaffen", erklärte Jennifer Morgan von E3G.

Klimafreundlichkeit von US-Konjunkturpaketen. Grafik: GW/Ecofys

Die Studie analysiert die Konjunkturpakete anhand ihrer Klimafreundlichkeit beziehungsweise -unfreundlichkeit. Hierfür wurden die verschiedenen Maßnahmen in den Paketen klassifiziert und bewertet. Die positiven und die negativen Maßnahmen werden gegeneinander aufgerechnet.

Aufgrund “mangelnder Datenverfügbarkeit” hätten Konjunkturpakete anderer Länder wie China noch nicht analysiert werden können, so die Autoren der Studie.

Studie: Economic/climate recovery scorecards (PDF)

www.germanwatch.org
www.ecofys.de
www.e3g.org