taz30Berlin (epo.de). - Ist der Einsatz militärischer Gewalt international wieder hoffähig geworden? Spätestens die NATO-Intervention im Jugoslawien-Krieg war ein Dammbruch, auch für die überwiegend pazifistische Linke, stellten Korrespondenten der "taz" am Sonntag auf dem Kongress zum 30jährigen Bestehen der ersten "linken" deutschen Tageszeitung in Berlin fest. Die Podiumsdiskussion "Wie pazifistisch muss die Linke sein" zeigte, wie kontrovers humanitäre Interventionen auch in der Redaktion der "tageszeitung" diskutiert werden - und wie festgefahren die Meinungen sind. 

Die taz sammmelte in den 80er Jahren Spenden für "Waffen für El Salvador". Das wurde schon damals heftig diskutiert, ebenso wie der erste Krieg mit "grüner" Beteiligung, die Bombardierung Serbiens durch die NATO. Unversöhnlich wurden damals die Argumente einander gegenüber gestellt, personifiziert auch in der taz-Redaktion mit dem NATO-Befürworter Erich Rathfelder, bis heute Balkan-Korrespondent des Blattes, und Andreas Zumach, der seit Jahrzehnten die UNO-Berichterstattung aus Genf liefert und nach wie vor an die friedliche Konfliktlösung glaubt.  

Für Bettina Gaus, langgediehnte politische Korrespondentin der taz in Berlin, war der Kosovo-Krieg ein Bruch: Seither würden völkerrechtswidrige Handlungen von der Staatengemeinschaft immer wieder sanktioniert. Die USA könnten es sich heute sogar leisten, den eigenen Verbündeten Pakistan zu bombardieren.

Andreas Zumach sieht das anders. Schon vor dem Ende des Kalten Krieges - im Spanien Francos, in Vietnam, in Mittelamerika - gab es Kriege und interne gewaltsame Auseinandersetzungen, sie seien im Westen nur nicht im erforderlichen Maße wahrgenommen worden.

taz-Kongress in Berlin: v.L. Andreas Zumach, Moderatorin Astrid Prange de Oliveira, Bettina Gaus, Erich Rathfelder. Foto: epo.de/kb

Über die eigentliche Thematik, nämlich die Legitimität "humanitärer" Interventionen", gab die Diskussion wenig Aufschluss. Stattdessen lieferten sich Andreas Zumach und Erich Rathfelder Wortgefechte, die die Festgefahrenheit ihrer Standpunkte unterstrich. Rathfelder war nach eigenen Aussagen "erleichtert", als die NATO-Bomber die Menschenrechtsverletzungen durch Serbien in Bosnien und im Kosovo endlich beendete.

Auch wenn die Korrespondenten auf dem Podium die Einsicht teilen, dass militärische Gewalt langfristig gesehen keine Konflikte lösen kann - die Debatte zeigte auch auf, wie problematisch es sein kann, wenn aus Brennpunkten des Weltgeschehens jahrzehntelang dieselben Menschen berichten, die ihre vorgefertigen (und durchaus begründeten) Meinungen haben. Für andere Sichtweisen fehlt möglicherweise die Offenheit. Und als Leser der taz muss man eigentlich wissen, dass Zumach an die Mission der Vereinten Nationen glaubt und friedliche Konfliktlösungsmechanismen präferiert, oder, dass Rathfelder für den Militäreinsatz auf dem Balkan war. Erst dann kann man ihre Berichterstattung verorten und die eigenen Schlüsse daraus ziehen.

Welche Schlüsse sind aus dem Trend zu militärischen Lösungen für die Probleme dieser Welt - vom Kosovo über den Irak und Afghanistan bis zur Kanonenboot-Politik gegenüber somalischen Piraten - zu ziehen? Für die Option, die UNO so stark zu machen, dass ihre Friedenseinsätze mehr Erfolgschancen haben, fehlt das politische Interesse bei den politischen Weltmächten, meint Andreas Zumach. Erich Rathfelder ist ausnahmsweise einer Meinung mit Zumachs Traum, dass die UN-Blauhelme eines Tages die einzige Interventionsmacht darstellen sollten.

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