Berlin (epo.de). - Die Europäische Union drängt in den Verhandlungen für bilaterale Freihandelsabkommen auch angesichts der globalen Finanzkrise weiterhin auf eine Liberalisierung von Finanzdienstleistungen. "Kontrollen und Regulierungen werden erschwert oder sollen sogar als 'Handelshemmnis' verboten werden", kritisiert die Studie "Aus der Krise nichts gelernt? Liberalisierung von Finanzdienstleistungen in neuen EU-Handelsabkommen", die WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung) und das Forum Umwelt und Entwicklung jetzt veröffentlichten.
Derzeit verhandelt die EU nach Angaben von
WEED unter anderem mit Indien, Südkorea und den zehn ASEAN-Staaten über Freihandelsabkommen. Sie setzt verstärkt auf bilaterale Handelsverträge, weil die Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO seit Jahren stocken. "In den derzeit laufenden Verhandlungen wird u.a. auch stark auf weitere Marktöffnungen für Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche gedrängt", hält WEED fest.
Die EU wolle "im Rahmen ihrer aggressiven 'Global Europe'-Strategie unbegrenzten Zugang zu wichtigen globalen Wachstumsmärkten erhalten", schließen WEED und das
Forum Umwelt und Entwicklung aus den Ergebnissen des 20seitigen Arbeitspapiers. Das gelte auch für die Verhandlungen von Kooperationsabkommen mit China, Mittelamerika, einigen Andenstaaten sowie 79 Ländern aus Afrika, der Karibik und des Pazifik.
"In diesen Verhandlungen werden von Seiten der EU bis heute Forderungen zur Liberalisierung von Finanzdienstleistungen erhoben", kritisiert WEED. Das gelte auch pauschal für sogenannte "neue Finanzprodukte", die nicht näher spezifiziert werden, zu denen aber auch Hedge-Fonds gezählt werden.
Die Forderungen im Bereich der Finanzdienstleistungen seien sogar weitreichender als die Verpflichtungen im GATS, dem Dienstleistungsabkommen der WTO: Einschränkung von Kapitalverkehrskontrollen, schwache Bank- und Kapitalmarktaufsicht, Beschränkung der Möglichkeit eines Verbots bestimmter spekulativer Geschäfte, Einschränkung der Regulierung von Banken, Einschränkung von Anforderungen an die Kreditvergabe. "Viele dieser vorgesehenen Liberalisierungsmaßnahmen stehen den aktuellen Bemühungen um eine Re-Regulierung der Finanzmärkte diametral entgegen", stellt WEED fest.
Christina Deckwirth, WEED-Expertin für Handelspolitik, kritisierte dieses Vorgehen der EU scharf: "Die Kontrolle der globalen Finanzmärkte ist überlebensnotwendig. Das zeigt die derzeitige Wirtschaftskrise, die ja von der Finanzwirtschaft ausgelöst wurde. Selbst europäische Staatschefs fordern mittlerweile eine stärkere Regulierung von Finanzdienstleistungen. Ihre Statements stehen im scharfen Kontrast zur realen Politik der EU in den laufenden Verhandlungen über Freihandelsabkommen. Hier agiert die EU weiterhin im Interesse jener skrupellosen Finanzkonzerne, die für die Krise und ihre Folgen verantwortlich sind."
Arbeitspapier "
Aus der Krise nichts gelernt? Liberalisierung von Finanzdienstleistungen in neuen EU-Handelsabkommen" (PDF)
www.weed-online.org