koczy_uteBerlin (epo.de). - Für eine grundlegende Reform der Global Governance-Struktur treten vier Bundestagsabgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein. In einem gemeinsamen Positionspapier äußern Gerhard Schick, Thilo Hoppe, Ute Koczy und Wolfgang Strengmann-Kuhn die Befürchtung, die krisenbedingte Chance auf eine dauerhafte Verbesserung der Koordination der internationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik verpuffe ungenutzt. Die Neugründung eines - etwa von der Stiglitz-Kommission vorgeschlagenen - Weltwirtschaftsrates halten sie für notwendig, angesichts politischer Widerstände aber auch für unrealistisch. "Ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren, plädieren wir für den mühevollen Weg innerhalb der bestehenden Institutionen: für eine parallele Reform- und einen Transformationsprozesse in der G20 und im ECOSOC", heißt es in dem jetzt veröffentlichten Papier.

Gerhard Schick (wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen, Foto mitte), Thilo Hoppe (Vorsitzender des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Foto rechts), Ute Koczy (entwicklungspolitische Sprecherin, Foto oben) und Wolfgang Strengmann-Kuhn (Sprecher für Außenwirtschaftspolitik, Foto links) treten dafür ein, "mittel- bis langfristig ein effizientes internationales wirtschafts- und finanzpolitisches Koordinationsgremium - einen globalen Weltwirtschaftsrat - zu etablieren." Das Gremium müsse demokratisch legitimiert, also "im Rahmen der UN verortet" und gleichrangig mit dem Weltsicherheitsrat und der UN-Generalversammlung sein.

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von links: Strengmann-Kuhn, Schick, Hoppe

Nach der Vorstellung der Grünen-Politiker sollte der Weltwirtschaftsrat sich "aus Staats- und RegierungschefInnen aller Kontinente zusammensetzen und die Führungen ausgewählter UN-Sonderorganisationen und Spezialorgane wie des Internationalen Währungsfonds, der Internationalen Arbeitsorganisation, der Weltbank und der Welthandelsorganisation einbeziehen. Um effizient arbeiten zu können, dürfe das Gremium nicht zu groß sein. Die Grünen folgen den Vorschlägen der von Kofi Annan eingesetzten Expertenkommission und treten für 27 Mitglieder ein. Alle Weltregionen und Ländergruppen (Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer) müssten ausgewogen repräsentiert sein.

Als Wege hin zu einem Weltwirtschaftsrat sehen die Grünen eine Neugründung, wie sie die Stiglitz-Kommission vorschlägt, die Transformation des bereits unter dem Dach der UNO bestehenden Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC), die Vergrößerung der Gruppe der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) oder eine Kombination der ECOSOC/G20-Gremien. Die Erfahrung der UN-Konferenz zur Weltwirtschafts- und Finanzkrise vom 24. bis 26. Juni in New York habe jedoch gezeigt, "dass die Reformdebatte um die Global-Governance-Strukturen von starken Interessengegensätzen durchzogen ist". Die G8 seien als Bremser aufgetreten, die USA hätten den Vereinten Nationen sogar das Recht abgesprochen, über Fragen der Entwicklungshilfe hinaus wirtschafts- und finanzpolitische Leitlinien zu formulieren.

Die deutsche Regierung trete ähnlich wie Amerikaner, Briten und Franzosen für eine fortgesetzte Dominanz von IWF, G8 und G20 ein, so die vier MdBs. In der Schlusserklärung der New Yorker Konferenz werde ein neu zu schaffender Weltwirtschaftsrat nicht einmal erwähnt. Dafür werde jedoch der ECOSOC aufgefordert, die Einsetzung eines ständigen zwischenstaatlichen Expertengremiums nach Vorbild des Weltklimaerates zu prüfen und der UN- Generalversammlung Vorschläge zu unterbreiten.

"Unserer Meinung nach kommt es nun darauf an, dass der ECOSOC so schnell wie möglich den ihm zugespielten Ball aufnimmt", erklärten die Grünen-Politiker. Eine Allianz aus Reform orientierten Industrie- und Entwicklungsländern und zivilgesellschaftlichen Gruppen solle nun Vorschläge für ein Mandat, ein Konzept und die Zusammensetzung eines solchen ständigen Expertengremiums auf den Tisch legen.

Der "schnelle große Wurf" zur Reform der Global Governance-Strukturen sei "leider nicht durchsetzbar", lautet das Fazit von Schick, Hoppe, Koczy und Strengmann-Kuhn. "Ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren, plädieren wir für den mühevollen Weg innerhalb der bestehenden Institutionen: für eine parallele Reform- und einen Transformationsprozesse in der G20 und im ECOSOC." Die "enormen globalen Herausforderungen – Wirtschafts-, Finanz-, Ressourcen- und Ernährungskrise sowie der Klimawandel" machten 'business as usual' jedenfalls zu keiner Option.

Positionspapier "Für eine bessere Koordination der internationalen Wirtschaftspolitik" (PDF, 10 S.)

www.gruene-bundestag.de


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