HondurasTegucigalpa/Berlin (epo.de). - Polizei und Militär in Honduras gehen nach Darstellung einer internationalen Beobachter-Delegation zunehmen brutal gegen Demonstranten vor. "Vor allem die sich häufenden Morde an Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Protestaktivitäten sind alarmierend", erklärte am Mittwoch Harald Neuber, Teilnehmer einer Delegation von Vertretern sozialer Bewegungen aus Europa und Lateinamerika. Die Position der Friedrich-Naumann-Stiftung zum Putsch in Honduras erfährt in Deutschland unterdessen heftige Kritik.

Die Delegation, die unter anderem von Attac unterstützt wird, warf der honduranischen Putschregierung massive Menschenrechtsverletzungen vor. In den vergangenen Tagen seien mehrere Personen - vor allem Lehrerinnen und Lehrer - durch Schüsse der Polizei oder des Militärs umgekommen. "Der Rechtsstaat in Honduras existiert momentan quasi nicht. Klagen gegen die Polizei werden nicht entgegengenommen oder verschleppt", sagte Harald Neuber. Da vor allem Lehrer von der Repression betroffen seien, rufe die honduranische Lehrergewerkschaft Arbeitnehmervertretungen aller Welt zu Solidarität auf.

Zudem stellte die Delegation massive Verletzungen gegen die Pressefreiheit fest. Radio- und Fernsehsender, die sich kritisch über die Putschisten äußern, seien geschlossen worden. Radio Globo, einer der wenigen kleinen Sender, der nach seiner Schließung wieder sendet, drohe erneut die Schließung. Wie die Delegation berichtete, beklagen die Mitarbeiter des Senders, dass damit nicht nur die Pressefreiheit verletzt wird, sondern auch das Recht der Bevölkerung auf freien Zugang zu Informationen, da die großen privaten Fernseh- und Radiosender die Putschisten unterstützen.

Noch bis Ende dieser Woche geht die vom lateinamerikanisch-europäischen Netzwerk "Enzlando Alternativas" ("Alternativen entwickeln") ins Leben gerufene 15-köpfige Delegation Vorwürfen nach, die honduranische Protestbewegungen gegen die Putschregierung erheben. "Die Vorwürfe - vor allem der Gewerkschaften - gegen die Putschisten sind so zahlreich, dass die Beobachtergruppe gar nicht allen Hinweisen folgen kann", sagte Kerstin Sack, die für den bundesweiten Attac-Koordinierungskreis Kontakt zu der Delegation hält.

Attac begrüßte die Initiative der Außenminister der Europäischen Union, ihren Mitgliedsländern den Entzug der Visa der Putschisten zu empfehlen und damit dem Beispiel der USA zu folgen. Kerstin Sack: "Die Menschen in Honduras flehen die Regierungen insbesondere in Europa und Nordamerika an, mehr Druck auf die Putschisten ausüben. Denn nur so kann die Gewalt eingedämmt und eine Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen ermöglicht werden."

"Brot für die Welt" und FIAN riefen die Bundesregierung und die Europäische Union anlässlich der Veröffentlichung eines Menschenrechts-Berichtes am Donnerstag dazu auf, die De-facto-Regierung von Roberto Micheletti weiter dazu zu drängen, eine verhandlungsorientierte Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung zu akzeptieren.

HALTUNG DER FRIEDRICH-NAUMANN-STIFTUNG KRITISIERT

In Deutschland stößt die Haltung der FDP-nahen "Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit" (FNF) zum Putsch in Honduras auf heftige Kritik. Der Vertreter der Stiftung in Tegucigalpa, Christian Lüth, hatte für das Vorgehen der Putschisten gegen den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya Verständnis gezeigt und Mitte Juli in einer Einschätzung der Lage geschrieben, Honduras sei "zur absoluten Normalität
zurückgekehrt".

Die Parteinahme der FDP und ihrer Stiftung für den Putsch sei "nachvollziehbar", schrieb der sozialdemokratische "Vorwärts": "Zelaya und seine Liberalen hatten 2006 die Wahlen auch mit massiver Unterstützung der Friedrich-Naumann-Stiftung gewonnen." Die Stiftung habe sich gebrüstet, 39 ihr nahestehende Alumni seien im Parlament vertreten. Nachdem sich Zelaya aber von neoliberalen Wirtschaftskonzepten abgewandt und den honduranischen Beitritt zum linken lateinamerikanischen Wirtschaftsbündnis ALBA erklärte, habe sich die Stiftung von ihm distanziert.

Eine Veranstaltung der liberalen Stiftung am Mittwoch löste bei Redakteuren der Zeitschrift "Lateinamerika-Nachrichten" (LN) und bei der Fraktion der Linken im Bundestag Empörung aus. Lüth hatte nach Darstellung der Lateinamerika-Nachrichten im Berliner Büro der FNF zum Thema "Rechtsstaat in Gefahr - der vermeintliche Militärputsch in Honduras und Perspektiven für das internationale Krisenmanagement?" referiert. Obwohl Medienvertreter eingeladen worden seien, habe man die LN nicht zum Gespräch zugelassen. Auf Nachfrage habe die Referatsleiterin Politikberatung und Internationale Politikanalyse, Gabriele Reitmeier, erklärt, die Zeitschrift habe in ihrer letzten Ausgabe zu kritisch über die Position der FNF berichtet. "Wir finden das aus journalistischer Sicht äußerst bedenklich", meinten die LN.

"Die heutige geschlossene Veranstaltung der FDP-nahen 'Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit' zur Lage in Honduras ist ein Skandal", sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Heike Hänsel. "Bei den Referenten aus Honduras handelt es sich ausschließlich um Personen, die eindeutig Position für die Putschisten beziehen." Es sei überdies "äußerst ungewöhnlich und fragwürdig, dass eine solche Veranstaltung in den Räumen des Bundestages stattfindet. Der Außenseiterposition der Friedrich-Naumann-Stiftung, in Honduras habe gar kein Militärputsch stattgefunden, wird so ein offizieller Anstrich gegeben."

Auch "Brot für die Welt" und FIAN äußerten sich "befremdet" über die Einladung zu diesem Zeitpunkt von Dr. Ramón Custodio durch die "Friedrich Naumann-Stiftung für die Freiheit". Ramon Custodio ist amtierender Menschenrechtsombudsmann von Honduras. Wegen seiner Verwicklung in den Putsch haben die dänische und schwedische Regierung alle Hilfsgelder für den Menschenrechtsombudsmann gestrichen. Die US-Regierung hat Ramón Custodio das Visum entzogen.

"Ramon Custodio, der früher ein geachteter Menschenrechtler war, versucht seit Wochen, den Staatsstreich zu rechtfertigen und die seither begangenen Menschenrechtsverletzungen zu leugnen", sagt Martin Wolpold-Bosien. "Die Friedrich Naumann-Stiftung sollte den Staatsstreich, den die Vereinten Nationen, die Europäischen Union und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) einhellig verurteilt haben, nicht zu legitimieren versuchen".

www.freiheit.org
www.linksfraktion.de
www.enlazandoalternativas.org
www.attac-netzwerk.de/ag-lateinamerika/honduras

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