bmzBerlin (epo.de). - Spekulationen, die neue schwarz-gelbe Bundesregierung könnte das Entwicklungsressort dem Auswärtigen Amt zuschlagen, haben am Mittwoch Gegenstimmen auf den Plan gerufen. Die entwicklungspolitischen Sprecher der CDU/CSU und der Grünen kritisierten die Pläne der FDP-Fraktion und setzten sich für den Erhalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein. Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick fordert die Union auf, sich klar zum Erhalt des Entwicklungsministeriums zu bekennen.

Der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Ruck (CSU) erklärte, es sei "im Interesse Deutschlands, den gegenseitigen Ausgleich von Interessen der Entwicklungsländer und Deutschlands in einem eigenständigen Ministerium zu gestalten". Dies habe sich seit den 60er Jahren bewährt und werde seit zehn Jahren auch von Großbritannien praktiziert. Bundeskanzlerin Merkel habe der Zusammenführung der Entwicklungspolitik mit dem Auswärtigen Amt bereits beim Afrikakongress der Unionsfraktion im Juni 2009 eine klare Absage erteilt.

Auch die Grünen kritiserten das Ziel des designierten Außenministers Guido Westerwelle (FDP) bei den Koalitionsverhandlungen, das BMZ aufzulösen und das Ressort in das Auswärtige Amt zu integrieren. Dies hätte "fatale Folgen", erklärten die entwicklungspolitische Sprecherin Ute Koczy und der derzeitige Vorsitzende des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit (AWZ), Thilo Hoppe. "Entwicklungszusammenarbeit braucht eine eigenständige Struktur und eine eigene Stimme am Kabinettstisch. Der Kampf gegen den Klimawandel, die bedrückende Welthungerkrise und die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele können nicht 'nebenher' bearbeitet werden. Entwicklungszusammenarbeit geht über die Vertretung nationaler Interessen hinaus, durch die die Außenpolitik nicht unwesentlich gekennzeichnet ist."

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick appellierte an die neue Bundesregierung, das BMZ zu erhalten. "Als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Weltkirche liegt mir vor allem die Entwicklungspolitik am Herzen", sagte Schick. Bei der FDP gehe es "sehr stark darum, wie die deutschen Interessen gefördert werden können und wie Deutschland stärker werden kann. Da kann es geschehen, dass die Probleme der anderen nicht mehr so gesehen werden."

MEHR KOHÄRENZ NÖTIG

Einig sind sich die Fraktionen, dass mehr Kohärenz bei der Entwicklungszusammenarbeit notwendig ist. "Immer mehr Ministerien befassen sich mit Entwicklungsfragen, oft ohne gemeinsame Zielvorstellungen oder gar eine gemeinsame Strategie", räumten Koczy und Hoppe von den Grünen ein. "Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Kooperation zwischen den Ministerien zu verbessern. Wenn wirtschafts- und finanzpolitisch falsche Weichen gestellt werden, kann auch die Entwicklungszusammenarbeit dagegen nicht erfolgreich vorgehen."

Auch CSU-Entwicklungsexperte Christian Ruck sagte, es gelte "nicht nur, die Eigenständigkeit der Entwicklungspolitik zu verstetigen. Die Koordinationskompetenz des Entwicklungsministeriums muss gestärkt werden. Zur Bewältigung der globalen Herausforderungen wie der Klima-, Hunger und Finanzkrise muss die entwicklungspolitische Kohärenz verbessert werden. Dazu müssen die Doppelstrukturen in der Regierung abgebaut und das Entwicklungsministerium zum Schlüsselministerium für die gerechte Gestaltung der Globalisierung transformiert werden."

FDP WILL NEUAUSRICHTUNG DER EZ

Die FDP hatte in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit gefordert, um deren Wirksamkeit zu erhöhen. Die bisherigen entwicklungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, Hellmut Königshaus und Karl Addicks, beklagten einen "Reformstau" in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und forderten die Integration des BMZ in das Auswärtige Amt. Die Bundesregierung habe die "historisch einmalige Chance" vertan, Strukturanpassungen vorzunehmen, erklärten die FDP-Politiker zur Bilanz nach "elf Jahren sozialdemokratischer Entwicklungspolitik".

Besonders die uneinheitliche Linie der 15 an Entwicklungsvorhaben beteiligten Ministerien stößt bei den Liberalen auf Kritik. Das BMZ müsse in das Auswärtige Amt (AA) integriert werden, "um so die Steuerungsfähigkeit der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik zu verbessern", sagten Königshaus und Addicks.

SPEKULATIONEN UM MINISTERPOSTEN

Unterdessen mehren sich auch die Spekulationen um die Nachfolge der seit fast elf Jahren amtierenden Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), falls das Ministerium erhalten bleibt. In schwarz-gelben Koalitionen hatte häufig die CSU den Minister gestellt.

Im Gespräch sind derzeit unter anderen Eckart von Klaeden (CDU), die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin, Birgit Homburger (FDP) und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

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