bioethanol_werbungBerlin (epo.de). - In  nichtstaatlichen Organisationen herrscht Besorgnis, die künftige schwarz-gelbe Koalition könnte Umwelt- und Entwicklungspolitik durch strukturelle Veränderungen in den Ministerien schwächen. Neben einer Integration des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt (epo.de berichtete) ist auch die Herauslösung der Energiepolitik aus dem Umweltministerium im Gespräch.

"Es wäre eine Katastrophe, wenn die neue Bundesregierung ihre Zukunftsverantwortung dadurch zum Ausdruck bringt, dass sie das Entwicklungsministerium abwickelt und das Umweltministerium in seinen Kompetenzen erheblich schwächt", erklärte Klaus Milke, Vorsitzender der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch, am Donnerstag in Bonn. Es dürfe keine Zusammenführung der Entwicklungszusammenarbeit ins Auswärtige Amt und die Überführung wichtiger Kompetenzen des Umweltministeriums in ein neues Energie- und Klimaministerium geben.

Über das Entwicklungsministerium würden die Interessen der Ärmsten dieser Welt und über das Umweltministerium die Interessen jetziger und künftiger Generationen an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere des Klimas, am Kabinettstisch, in der Gesellschaft und auf internationaler Ebene vertreten, sagte Milke. Das habe sich bewährt und Deutschland lange Zeit eine weltweit anerkannte Vorreiterrolle im internationalen Klimaschutz eingebracht.

"Wir dürfen nicht zulassen, dass diese zentralen öffentlichen Aufgaben anderen Interessen untergeordnet werden, der Klimaschutz etwa denen der Energiewirtschaft oder die Armutsbekämpfung den nationalen Eigeninteressen. Im Falle der Einrichtung eines Ministeriums für Energie und Klima ist zu erwarten, dass hier eher eine Politik für Lobbyisten als für Menschheitsinteressen gemacht wird", kritisierte Milke.

Milke zufolge hat die Vergangenheit gezeigt, "dass eine eigenständige Vertretung und ein Gegengewicht im Kabinett dringend erforderlich sind, weil sich sonst andere starke Gruppen aus der Industrie, dem Handel und der Landwirtschaft allzu häufig auf Kosten von Solidarität und Zukunftsfähigkeit durchsetzen können". Auch für die internationalen Klimaverhandlungen sei eine verlässliche Fortführung der eigenständigen Arbeit von Bundesumweltministerium (BMU) und Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unerlässlich.

"Wir fordern die Kanzlerin auf, sich hier energisch für einen Bestandsschutz dieser beiden Ministerien einzusetzen", appellierte Milke an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Sie weiß als ehemalige Umweltministerin, dass größere Umstrukturierungen zu weniger Handlungsunfähigkeit führen würden. Dabei kommt es kurz vor dem Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen bei Klimaschutzzielen und Finanzierung für Klimaschutz und Anpassung ganz besonders stark auf Handlungsbereitschaft an."

KIRCHLICHE HILFSWERKE FÜR ERHALT DES BMZ

Das BMZ müsse seien Eigenständigkeit behalten und in seiner Koordinationsfunktion gestärkt werden, fordern auch die kirchlichen Hilfswerke Misereor, "Brot für die Welt" und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED). "Wenn das Thema weltweite Armutsbekämpfung nicht mehr mit am Kabinettstisch sitzt, wird es anderen Interessen unterworfen, die die Außen-, oder Wirtschaftsministerien verfolgen", betonte Claudia Warning, EED-Vorstand für Internationale Programme, die auch dem Verband Entwicklungspolitik (VENRO) vorsitzt. "Es ist richtig, dass die Entwicklungspolitik zwischen den Ressorts der Bundesregierung abgestimmt werden muss. Diese Koordination kann das BMZ sehr gut leisten."

Die Direktorin von "Brot für die Welt", Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, betonte, dass die Ausgestaltung der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland für die kirchlichen Hilfswerke von zentralem Interesse sei. "Die großen Krisen dieser Welt treffen die Menschen in den Entwicklungsländern am Härtesten, sie haben sie aber nicht verschuldet. Deutschland muss für Klimawandel und Ernährungskrise an einer zentralen Stelle Verantwortung übernehmen."

"Armutsbekämpfung muss politisch gestärkt werden", sagte Martin Bröckelmann-Simon, Geschäftsführer von Misereor. "Wenn das BMZ den Einsatz der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit koordiniert, kann eine Kohärenz des entwicklungspolitischen Handelns aller Akteure in diesem Bereich gewährleistet werden. Doppelungen und Widersprüche in den Förderungen können so vermieden werden.

Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, hält eine Zusammenlegung von BMZ und Auswärtigem Amt ebenfalls für falsch. "Die Entwicklungszusammenarbeit muss die Bedürfnisse der Armen in den Mittelpunkt stellen, nicht die Interessen von Regierungen. Das Auswärtige Amt hat andere staatliche Aufgaben als Armutsbekämpfung. Das darf man nicht vermengen", sagte sie der FAZ.

Auch das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte vor einer Schwächung der deutschen Klimapolitik gewarnt. "Wer auch immer das Amt übernimmt, in der internationalen Klimapolitik wird der neue Bundesumweltminister ein Anfänger sein. Wenige Wochen vor dem alles entscheidenden Weltgipfel von Kopenhagen droht Deutschland als Mittler auszufallen - mit verheerenden Folgen."