rog_logo_neuBerlin (epo.de). - Reporter ohne Grenzen (ROG) hat die gerichtliche Verfolgung von Bloggern durch die marokkanische Regierung scharf kritisiert. Zwei Internetaktivisten seien zu Haftstrafen verurteilt worden, weil Sie Informationen über die Niederschlagung von Studentenprotesten in dem Ort Taghjijt, 200 Kilometer südlich von Agadir, verbreitet hätten, berichtete ROG jetzt in Berlin. Aus dem gleichen Grund suchten Sicherheitskräfte derzeit nach einem dritten Blogger.

Nach den Erkenntnissen von ROG hat ein Gericht erster Instanz in Guelmim am 15. Dezember den Blogger El Bachir Hazzam zu vier Monaten Gefängnis und den Besitzer eines Internetcafés, Abdullah Boukfou, zu einem Jahr Haft verurteilt. Hazzam sei der "Verbreitung von falschen Informationen, die das Bild des Königreichs bezüglich der Menschenrechte schädigen" für schuldig befunden worden. Boukfou sei wegen der Verbreitung von Informationen zu den Studentendemonstrationen sowie wegen des "Besitzes von Veröffentlichungen, die zum Rassenhass anstiften" verurteilt worden.

"Erst im vergangenen Oktober hatte die marokkanische Regierung einen Maßnahmekatalog vorgelegt, um den Zugang zum Internet im Land auszubauen, das Königreich besser in die Informationsgesellschaft zu integrieren und die digitale Wirtschaft zu fördern. Die neuen Verurteilungen stellen einen Rückschritt dar und zeigen, dass die Meinungsfreiheit im Internet nicht die Kritik an den Behörden miteinschließt", kritisierte ROG.

Bei ihren Protesten in Taghjijt forderten die Studierenden laut ROG unter anderem bessere Transport- und Wohnmöglichkeiten. Nachdem der Ortsvorsteher die Verhaftung von drei Teilnehmern der Demonstrationen angeordnet habe, hätten sich die Proteste ausgeweitet. Schließlich sei die Versammlung von Ordnungsskräften gewalttätig niedergeschlagen worden. In den Folgetagen seien weitere Teilnehmer verhaftet worden, unter ihnen auch der Blogger und Mitglied des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac, Abdelaziz Salami. Wegen seiner Teilnahme an den Protesten sei er zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Behörden fahndeten außerdem noch nach dem Internetdissidenten Boubaker al-Yadib, der über die Proteste berichtet habe.

Aus Sicht von ROG haben El Bachir Hazzam und Abdullah Boukhou nichts Unrechtes getan. Hazzam habe lediglich ein bereits veröffentlichtes Kommuniqué der Studierenden zu den Repressionen von Sicherheitskräften während der Demonstrationen im Internet verbreitet. Boukfou werde beschuldigt, Informationen und Bilder über die Ereignisse verschickt zu haben. Für den Anklagepunkt "Anstiftung zum Rassenhass" lägen keine Beweise vor. "Anstatt Unschuldige ins Gefängnis zu werfen, sollten die Behörden lieber zu missbräuchlichem und unverhältnismäßigem Verhalten der lokalen Sicherheitseinheiten ermitteln sowie zur Rolle des Ortsvorstehers während der Proteste", forderte ROG.

Hazzam wurde am 7. Dezember 2009 verhaftet - drei Tage, nachdem er in seinem Blog das Kommuniqué zu den Demonstrationen am 1. Dezember in Taghjijt veröffentlicht hatte. Die Studierenden hatten darin eine unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt der örtlichen Polizeikräfte kritisiert.

Nach Angaben des "Arabic Network for Human Rights Information" (ANHRI) wurde Hazzam nach seiner Verhaftung auch zu einem Artikel verhört, den er im September 2007 veröffentlicht hatte. Der Artikel mit dem Titel "Wahlversprechen: Wahrheit oder Fiktion" behandelte die damals in Marokko abgehaltenen Parlamentswahlen. Hazzam kündigte an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Boukfou wurde einige Tage nach den Demonstrationen in seinem Internetcafé verhaftet. Laut ANHRI wurden inzwischen einige Internetcafés geschlossen, während andere unter strenge Überwachung gestellt wurden, um die weitere Verbreitung von Informationen und Fotos der Proteste zu verhindern.

Nach Einschätzung des Präsidenten der "Vereinigung marokkanischer Blogger", Said Benjabli, sind die Gefängnisstrafen vor dem Hintergrund einer aktuellen Verschärfung der Kontrolle unabhängiger Medien zu sehen, die über Gesetzesverstöße von Sicherheitskräften und Regierungsbeamten berichten.

In den vergangenen zwei Jahren wurden in Marokko mehrere Internetaktivisten festgenommen, weil Sie Ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen hatten. Darunter zum Beispiel der Online-Journalist Hassan Barhoum, der einen Staatsanwalt der Korruption beschuldigte, oder der Internetdissident Mohammed Erraji, dem "Respektlosigkeit gegenüber dem König" vorgeworfen wurde. "Majestätsbeleidigung" ist laut ROG ein gängiger Vorwurf in dem nordafrikanischen Land zur Strafverfolgung von Journalisten, Autoren und Online-Aktivisten.

www.reporter-ohne-grenzen.de

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