Frankfurt (epo.de). - Zwei Jahre lang haben alle Bewohner von Ojivero, einem Dorf in Namibia, 100 namibische Dollar pro Monat (rund zehn Euro) als bedingungsloses Grundeinkommen erhalten. Das Modellprojekt sei erfolgreich verlaufen, berichtete jetzt Herbert Jauch von der namibischen Lehrergewerkschaft auf einer Infotour durch Europa. Die Menschen hätten mehr Mut, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, und Unterernährung sei verschwunden.
Jauch schilderte Fachleuten und interessierten Bürgern bei einer 14-tägigen Info-Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein, wie sich das bedingungslose Grundeinkommen auf das Leben der Dorfbewohner auswirkt. "Dabei haben besonders die sehr gut besuchten öffentlichen Veranstaltungen gezeigt, dass es in der Bevölkerung ein starkes Interesse gibt am Thema bedingungsloses Grundeinkommen, aber auch an Namibia und einer Entwicklungszusammenarbeit von unten", sagte Dagmar Paternoga von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe "Genug für alle".
Eingeladen hatten den Namibier die Attac-Netzwerke und die Grundeinkommensnetzwerke Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. In Fachgesprächen mit dem Bundestags-Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Bundestagsfraktionen der Grünen und Linken sowie mit der Society for International Development in Bonn stellte Herbert Jauch das Projekt vor. Dazu kamen zehn öffentliche Veranstaltungen.
Herbert Jauch zog bei seiner Tour eine positive Bilanz des Modellprojekts. Das Grundeinkommen habe den Menschen in Ojivero Mut und Selbstbewusstsein gegeben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Frauen seien unabhängiger von Männern geworden, arme schwarze Arbeiterinnen und Arbeiter von weißen Farmern. Alle Kinder im Dorf besuchten inzwischen die Schule, 90 Prozent von ihnen könnten das Schuljahr erfolgreich abschließen. Zuvor seien es nur 40 Prozent gewesen. Die Zahl der Klinikbesuche der Dorfbewohner habe sich vervierfacht. Unterernährung sei ganz verschwunden, während vor Beginn des Projekts laut der örtlichen Klinik 47 Prozent der Kinder im Dorf unterernährt waren. Namibia ist unter den UN-Mitgliedsstaaten das Land mit den größten Einkommensunterschieden.
"Ojivero zeigt, dass bedingungslose Sozialgeldtransfers in der Entwicklungszusammenarbeit höchst erfolgreich sein können", sagte Dagmar Paternoga. "Wir erwarten daher von der Bundesregierung, dass sie ihren Widerstand gegen bedingungslose Transfers endlich aufgibt."
Seit Anfang 2008 erhielten alle Bewohner von Ojivero 100 namibische Dollar pro Monat, das entspricht zehn Euro. Getragen wird das Projekt von der namibischen Basic Income Grant Coalition (BIC), in der sich Kirchen, Gewerkschaften, nationale Nichtregierungsorganisationen, Jugendverbände und Aidshilfe-Organisationen zusammengeschlossen haben. "Wir sind uns sicher, in den kommenden zwei Jahren unsere Regierung überzeugen zu können, dieses Modell in ganz Namibia einzuführen", sagte Herbert Jauch. Das Modellprojekt ist im Dezember 2009 offiziell ausgelaufen. Für die kommenden zwei Jahre erhalten die Dorfbewohner ein Übergangsgeld von der Coalition.
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