tjnBerlin (epo.de). - Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network, TJN) hat die Regierungen der G20 aufgefordert, den Kampf gegen Steueroasen auf ihrem Gipfel in Toronto wieder aufzunehmen. "Wie lange wollen die Regierungen unter diesen dramatischen Umständen der jährlichen Steuerflucht in Milliardenhöhe noch zuschauen?" fragte Detlev von Larcher, Mitgründer des Tax Justice Network. "Die G20 müssen sich endlich diesem Problem stellen, und sie müssen endlich Fortschritte bei der lange angekündigten Regulierung der Finanzmärkte erzielen – einschließlich der in Steueroasen angesiedelten Akteure."

Das in Steueroasen angelegte Vermögen konnte sich laut dem neusten Reichtumsbericht der Boston Consulting Group ungehindert vermehren: von 6,8 Billionen 2008 auf 7,4 Billionen US-Dollar im vergangenen Jahr. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück bezifferte die Einnahmeverluste, die allein dem deutschen Staat durch Steuerhinterziehung entstehen, auf 100 Milliarden Euro pro Jahr. Dem Schweizer Forschungsinstitut Helvea zufolge sollen allein in der Schweiz 132 Milliarden Euro Schwarzgeld aus Deutschland angelegt sein. Aus Entwicklungsländern wiederum fließen nach Schätzung der US-Initiative Global Financial Integrity alljährlich Gelder in Höhe von bis zu 1 Billion Dollar ab, die auf illegale Weise erlangt, transferiert, oder angelegt wurden – zumeist in oder über Steueroasen.

Zwar habe die G20 im vergangenen Jahr eine Schwarze Liste von Steueroasen beschlossen, die von der OECD auch prompt vorgelegt wurde, so das TJN. Doch schon wenige Tage danach sei die Schwarze Liste schon wieder leer gewesen. Dafür habe es genügt, dass die aufgelisteten Steueroasen ein paar Zugeständnisse über die Informationsherausgabe auf genau spezifizierte Anfragen hin machten. Die Anforderungen seien so streng, dass es in der Praxis kaum je zu Auskünften komme. Die Steuerhinterziehung gehe folglich unvermindert weiter.

Der Kampf gegen Steueroasen sei angesichts der Haushaltskrisen in zahlreichen Staaten dringlicher denn je, so das TJN. Frankreich habe die Quellensteuer auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben aus Steueroasen bereits von 15 auf 50 Prozent angehoben und die 95-prozentige Steuerbefreiung für Dividenden von in Steueroasen ansässigen Konzerntöchtern gestrichen. Die USA hätten mit ihrem konsequenten Vorgehen gegen die UBS das Schweizer Steuergeheimnis ins Wanken gebracht und ihre eigenen Banken zur routinemäßigen Herausgabe von Informationen über Auslandskonten von US-Steuerbürgern verpflichtet.

Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit forderte die Regierungen der G20 auf, sich in ihrem Kampf gegen die Steueroasen nicht auf die "nutzlosen Listen der OECD" zu verlassen. Das Netzwerk hatte bereits im Vorjahr einen Schattenfinanzindex vorgelegt, der neben solch klassischen Steuer- und Regulierungsoasen wie der Schweiz und den Kaimaninseln auch höchst intransparente Finanzzentren wie London oder den US-Staat Delaware enthält.

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