gfbvGöttingen (epo.de). - Die in der Sahara lebenden Tuareg leiden nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) massiv unter der Zunahme terroristischer Gewalttaten und den Folgen des Anti-Terror-Kampfes staatlicher Sicherheitsbehörden. "Immer weniger Tuareg können vom Tourismus und vom Kunsthandwerk leben, seitdem die nordafrikanische Terrororganisation "El Kaida im Maghreb" (AQMI) fast jeden Monat Europäer entführt und ausländische Reisende deshalb die Sahara meiden", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen.

"Für das Nomadenvolk der Tuareg, die in Niger und Mali zudem noch unter den Auswirkungen einer schweren Dürrekatastrophe leiden und viele ihre Herden verloren haben, ist der Zusammenbruch des Tourismus lebensbedrohlich", warnte Delius. Seit Jahren verdienten viele Tuareg ihren Unterhalt, indem sie sich Urlaubern als Fremdenführer anbieten oder Kunsthandwerk an sie verkaufen.

"Die Tuareg fürchten auch die Auswirkungen des Anti-Terror Kampfes. Staatliche Sicherheitsbehörden verüben bei der Verfolgung mutmaßlicher Terrorgruppen immer wieder Übergriffe auf die Ureinwohner", sagte Delius. Lager des Nomadenvolkes würden gewaltsam durchsucht und Tuareg verhaftet, um die Weltöffentlichkeit zu beruhigen.

Am vergangenen Sonntag hatte AQMI die Ermordung der französischen Geisel Michel Germaneau bekannt gegeben. Der 78-jährige ehemalige Ingenieur der algerischen Öl- Industrie war am 19. April 2010 in Niger entführt worden. Nachdem am 22. Juli eine gewaltsame Befreiung der Geisel durch französische und mauretanische Soldaten gescheitert war, wobei sechs mutmaßliche Terroristen getötet wurden, ließ AQMI den Franzosen offensichtlich hinrichten.

Nach Angaben der GfbV sind mehr als 50 Ausländer seit dem Jahr 2000 von AQMI und Vorgängerorganisationen in der Sahara entführt worden. Bis auf den Briten Edwin Dyer, der 2009 von seinen Geiselnehmern ermordet wurde, seien die meisten Geiseln nach Zahlung eines Lösegeldes freigekommen.

"Angesichts der geringen Effektivität des Antiterror-Kampfes in der Sahara stellt sich die Frage, ob die Staaten der Region überhaupt AQMI ausschalten wollen", so Delius. "Denn offensichtlich bekommen sie aufgrund der Terrorakte immer mehr Militärhilfe aus den USA und Europa." Mehrere zehntausend Soldaten aus Algerien, Niger, Mali und Mauretanien (die militärisch von den USA, Großbritannien und Frankreich unterstützt würden), seien nicht in der Lage, den Terror von höchstens 400 oft noch nicht einmal ortskundigen AQMI-Kämpfern zu stoppen.

Algerien habe im Mai 2010 sogar angekündigt, bis zum Jahr 2012 rund 75.000 Soldaten für den Antiterror-Kampf in der Sahara bereitzustellen, berichtete die GfbV. "Nur den Tuareg hilft dies nicht. Ihr Überleben ist akut bedroht durch die zunehmende Gewalt und Militarisierung der Sahara", mahnte Delius.

www.gfbv.de

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