bmwiBerlin (epo.de). - Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen haben die neue Strategie der Bundesregierung zur Rohstoffversorgung kritisiert. Sie fordern, die Interessen der Abbauländer stärker einzubeziehen. Die von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Dienstag auf dem Rohstoffkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin vorgestellte neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung stehe "in krassem Widerspruch zu ihren Zielen etwa in der Klima- oder Entwicklungspolitik", kritisierte Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. 

Die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung soll die Versorgung deutscher Unternehmen mit mineralischen und nicht-energetischen Rohstoffen für strategische Zukunftstechnologien sichern. Die Böll-Stiftung kritisiert vor allem den Mangel an Kohärenz mit entwicklungs- und klimapolitischen Zielen. "Während auf der einen Seite für eine klimapolitische Trendwende gestritten und Armut bekämpft wird, verfolgt die Bundesregierung mit der Rohstoffstrategie eine Industriepolitik, die den fossilen Pfad forciert", erklärte Unmüßig. "Es fehlen Regulierungsansätze im Rohstoffsektor, die Entwicklungschancen rohstoffreicher Länder fördern. Stattdessen liegt nun eine inkohärente Strategie vor, die Menschenrechte, ökologische und soziale Kriterien missachtet."

Auch internationale Rohstoffexperten und langjährige Projektpartner der Stiftung kritisierten das neue Konzept. Silas KpananAyoung Siakor, Direktor des Sustainable Development Instituts in Liberia und Gewinner des Goldman Environmental Awards 2006, befürchtet, dass die Ziele nationaler Armutsbekämpfung in rohstoffreichen Entwicklungsländern unterminiert werden: "Es besteht die Gefahr, dass Deutschland im Zuge der Unterstützung deutscher Unternehmen bei der Sicherung ihres Rohstoffbedarfs schlechte Regierungsführung und die Verletzung von Menschenrechten ignoriert."

Den Wettlauf mit China und anderen Schwellenländern um den Zugang zu strategischen Rohstoffen beurteilt Siakor kritisch: "Wenn Deutschland weiterhin behaupten will, nachhaltige Entwicklung in rohstoffreichen Ländern zu unterstützen, dann muss es dafür verbindliche Kriterien in seine Instrumente der Außenwirtschaftsförderung aufnehmen oder den Unternehmen vorschreiben, die an der deutschen Börse notiert sind."

Samuel Nguiffo, Direktor des Center for Environment and Development in Kamerun sieht zudem Zielkonflikte mit Umwelt- und Klimaschutzzielen: "Deutschland setzt seine internationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz und bei grünen Technologien aufs Spiel, wenn deutsche Unternehmen mit Investitionen im Bergbausektor Waldschutz gefährden."

Zwar benenne die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung unter anderem die Herstellung von Transparenz und Good Governance bei der Rohstoffgewinnung als Kernziel, so die Böll-Stiftung. Doch die ressortübergreifende Verankerung und damit die Kohärenz entwicklungspolitischer Ziele werde lediglich für die Themen Wissenschaft und Forschung benannt.

"Die Interessen der Menschen in den Abbauländern kommen in der Rohstoffstrategie der Regierung nur am Rande zur Sprache", erklärte Elisabeth Strohscheidt, Menschenrechtsreferentin bei Misereor. Die neue Strategie diene primär der Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft und habe das vorrangige Ziel des Abbaus von Handelshemmnissen. Sie vernachlässige dabei deutlich die Situation in den Abbauländern. "Die Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft darf nicht auf Kosten der Menschen und der Natur in den Abbauländern erfolgen!"

Auch das Global Policy Forum kritisiert die Strategie der Regierung. "Eine faire und ökologisch tragfähige Rohstoffstrategie muss die Senkung des Ressourcenverbrauchs, Achtung und Schutz der Menschenrechte, die Einhaltung der internationalen Umwelt- und Sozialstandards, die zivile Konfliktprävention sowie die Eindämmung der Rohstoffspekulation zum Ziel haben", so Jens Martens, Geschäftsführer des Global Policy Forum. "Eine Rohstoffstrategie, die diese Aspekte nicht effektiv berücksichtigt, läuft Gefahr, zur Verschärfung gewaltsamer Konflikte, zur Verletzung der Menschenrechte und zur Zerstörung der Umwelt beizutragen."

14 deutsche Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen haben deshalb ihre "Anforderungen an eine zukunftsfähige Rohstoffstrategie" zusammengestellt. Darin heißt es: "Bisher wurde die Entwicklung der deutschen Rohstoffstrategie vom federführenden Bundeswirtschaftsministerium als ausschließliche Angelegenheit von Politik und Wirtschaft angesehen. Die Zivilgesellschaft wurde nicht beteiligt, der Prozess der Ausarbeitung der deutschen Rohstoffstrategie verlief intransparent. Deutsche Rohstoffpolitik ist aber zu wichtig, als dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit formuliert werden darf. Erforderlich sind stattdessen transparente Entscheidungsprozesse, die soziale, menschenrechtliche und ökologische Interessen effektiv und gleichberechtigt berücksichtigen, bevor wichtige politische Entscheidungen getroffen werden."

www.boell.de
www.misereor.de
www.globalpolicy.org

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