aertze_o_gJuba/Berlin. - Wenige Wochen vor dem Referendum zur Unabhängigkeit des Südsudan, das am 9. Januar stattfinden soll, kämpft die Region gegen den größten Ausbruch der Infektionskrankheit Kala Azar seit acht Jahren. Seine Stärke sei nur ein Symptom für die umfassende medizinische und humanitäre Krise, in der sich der Südsudan befinde, erklärte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Zugang zu medizinischer Versorgung gebe es praktisch nicht, es herrsche chronische Mangelernährung, vermeidbare Krankheiten seien an der Tagesordnung und Unsicherheit führe zu Vertreibungen.

Die Menschen benötigten dringend Nahrung, Unterkünfte und medizinische Versorgung, sagte Rob Mulder, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in der Region. Dafür sei eine nachhaltige und stabile Reaktion der Regierung und der internationalen Gemeinschaft nötig. "Während die Welt auf das nahende Referendum blickt, darf die südsudanesische Bevölkerung nicht vergessen werden, die von einer Notsituation in die andere gerät", forderte Mulder. "Es wird noch Jahre dauern, bis das Gesundheitssystem im Südsudan ganz aufgebaut ist."

Kala Azar, oder viszerale Leishmaniose, ist eine durch Sandfliegen übertragene Infektionskrankheit, die das Immunsystem angreift und tödlich verlaufen kann. Sie tritt vor allem in armen, abgelegenen und instabilen Regionen mit unzureichender medizinischer Versorgung auf. Im Südsudan ist die Krankheit endemisch. Bis Ende November hat Ärzte ohne Grenzen in den Bundesstaaten Upper Nile, Unity and Jonglei mehr als 2.300 Patienten behandelt. Das sind acht Mal so viele wie in den ersten elf Monaten des Jahres 2009.

Der Ausbruch wurde nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen durch die dieses Jahr besonders schwere Mangelernährung im Südsudan begünstigt. Von Januar bis Ende Oktober behandelten Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan rund 13.800 schwer Mangelernährte, 20 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2009 und sogar 50 Prozent mehr als in den ersten zehn Monaten 2008.

Für das Referendum werden Zehntausende Südsudanesen aus dem Norden und anderen Regionen in den Süden zurückkehren, wo auch Krankheiten wie Malaria, Masern, Meningitis und Tuberkulose endemisch sind. Durch ihre Rückkehr würden die ohnehin schon knappen Nahrungs- und Wasserreserven noch knapper und der Zugang zu den wenigen Gesundheitseinrichtungen werde für den Einzelnen noch schwieriger, befürchtet Ärzte ohne Grenzen.

Außerdem sei die Unsicherheit im Südsudan noch immer allgegenwärtig. Im Jahr 2010 seien, bedingt durch die Gewalt zwischen den verschiedenen Stämmen, Rebellengruppen wie der LRA (Lord's Resistance Army) und neuen Milizen, mehr als 900 Tote und 215.000 Vertriebene gemeldet worden.

Ärzte ohne Grenzen leistet seit 1979 medizinische Nothilfe im Sudan. Derzeit hat die Organisation 27 Projekte in 13 Bundesstaaten des Landes. Die Mitarbeiter leisten medizinische Nothilfe und arbeiten unter anderem in Ernährungs- und chirurgischen Programmen, in der Kinder- und Geburtshilfe, behandeln Kala Azar und bieten psychologische Betreuung.

www.aerzte-ohne-grenzen.de

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