urgewald1Berlin. - Angesichts der Atomkatastrophe in Japan und der Atomausstiegs-Debatte in Deutschland hat die Umweltorganisation urgewald Konsequenzen auch bei den staatlichen Hermes-Bürgschaften gefordert. Solche staatlichen Garantien seien in vielen Fällen die Voraussetzung dafür, dass Atomkraftwerke überhaupt gebaut werden können. So seien drei Reaktoren des Unglücks-AKW Fukushima mit Hilfe des amerikanischen Hermes-Pendants Export-Import Bank realisiert worden.

Seit Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition würden auch in Deutschland wieder Atomexporte ins Ausland mit staatlichen Garantien abgesichert, kritisierte urgewald am Donnerstag in Berlin. Die seit 2001 gültigen Hermes-Leitlinien schlossen den Export von Nukleartechnologie aus. "Kaum jedoch war die neue Regierung an der Macht, schaffte sie die Hermesleitlinien ab und gab eine Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro an Areva/Siemens für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3", erklärte Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald.

Brasilianische Umweltschützer wehrten sich seit Jahren gegen den Bau dieses AKW, so urgewald. Es liege in einer potenziellen Erdbebenzone, es solle ein veralteter Reaktortyp gebaut werden, der einzige Evakuierungsweg werde häufig durch Erdrutsche blockiert, die Atomaufsicht sei nicht unabhängig und immer wieder würden hohe brasilianische Politiker laut über die Vorteile einer eigenen Atombombe nachdenken.

Nach Angra gab es weitere Bürgschaftsanträge: Laut Auskunft der Bundesregierung lagen im März 2010 Anträge für Zulieferungen zu den russischen Atomkraftwerken Leningradskaja und Novovoronezhkaja vor, die jedoch bis Juli zurückgezogen worden seien. Darüber hinaus habe es Anträge für Zulieferungen für das geplante Atomkraftwerk Changjiang nahe der Stadt Haiwei auf der Insel Hainan und in Taishan in der Guandong Provinz (Auskunft der Bundesregierung im März und November 2010). In Changjiang wird ein chinesischer Druckwasserreaktor gebaut, ein CNP 600, den die China National Nuclear Corporation (CNNC) entwickelt hat. In Taishan sollen zwei Areva EPR (Europäische Druckwasserreaktoren) entstehen.

Zwischen Oktober 2009 und August 2010 seien laut Bundesregierung insgesamt elf Bürgschaften für Lieferungen für Atomanlagen in China, Frankreich, Japan, Südkorea, Litauen, Russland und Slowenien vergeben worden, berichtete urgwald. Der Gesamtwert dieser Lieferungen liege bei 24 Millionen Euro.

Im Februar 2011 habe die Bundesregierung zudem von einem Antrag über 26,1 Millionen Euro für Zulieferungen an ein AKW in China und über eine Rückversicherung für Zulieferungen an ein AKW in Südafrika in Höhe von elf Millionen Euro berichtet. Zudem nenne sie Voranfragen im Rahmen von Projekten in Großbritannien, Finnland und Vietnam. Vietnam habe im vergangenen Oktober einen Vertrag mit Russland zum Bau von zwei Atomreaktoren unterzeichnet.

"Wenn Lehren aus der Katastrophe in Japan gezogen werden sollen, können diese nur sein: Schluss mit staatlicher Unterstützung für Atomexporte", forderte Regine Richter, Energieexpertin bei urgewald. "Denn wenn schon ein so hoch industrialisiertes Land wie Japan die Gefahren der Atomkraftnutzung nicht beherrschen kann, darf nicht mit Hilfe von Hermesbürgschaften die Verbreitung dieser Technologie in Ländern gefördert werden, in denen die Rahmenbedingungen, Sicherheitsstandards und Aufsicht viel schlechter sind."

Hermesbürgschaften werden deutschen Firmen gewährt, um sie bei Exporten in so genannte "schwierige Märkte" in Entwicklungs- und Schwellenländern gegen das Risiko abzusichern, dass der Käufer ihrer Waren nicht zahlen kann. Für größere Ausfälle kommt der Bundeshaushalt und damit der deutsche Steuerzahler auf.

www.urgewald.de

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