brasilien_kkw_angra_150Berlin. - In Brasilien muss der Chef der nationalen Atomaufsichtsbehörde gehen, weil das Atomkraftwerk Angra 2 seit zehn Jahren am Netz ist, aber bis heute über keine dauerhafte Betriebsgenehmigung verfügt. Das ergab eine Sicherheitsprüfung der beiden Kernkraftwerke in Angra dos Reis, die das brasilianische Parlament nach dem Atomunfall in Japan veranlasst hatte. Angra 2 wurde von der deutschen Regierung mit einer Hermes-Bürgschaft gefördert, kritisierte die Umweltorganisation urgewald am Mittwoch in Berlin.

"Dies zeigt eindeutig, wie fahrlässig das Thema 'nukleare Sicherheit' in Brasilien behandelt wird. Gerade bei Atomanlagen muss streng darauf geachtet werden, dass alle für die endgültige Betriebsgenehmigung nötigen Auflagen bis zum Betriebsbeginn auch umgesetzt werden. Jede Verschleppung wie jetzt im Fall Angra 2 birgt ein enormes Sicherheitsrisiko für die lokale Bevölkerung", erklärte Barbara Happe, Brasilien-Expertin bei urgewald.

Als erste Konsequenz aus diesem Skandal müsse nun der Vorsitzende der brasilianischen Atomaufsichtsbehörde CNPE, Odair Dias Gonçalvez, sein Amt räumen, so urgewald. "Das sind typische Probleme einer nicht unabhängigen Atomaufsicht. In Brasilien ist ein und dieselbe Institution sowohl für die Förderung als auch für die Kontrolle der Atomkraftanlagen zuständig. Deshalb verwundert es nicht, dass bei der Lizenzvergabe nicht scharf geprüft wurde", kommentierte Regine Richter, Energieexpertin von urgewald, die prekäre Situation in Brasilien.

Die Umweltorganisation fordert, dass aus diesem Skandal Konsequenzen für die Entscheidung über eine endgültige Hermes-Bürgschaft für das brasilianischen AKW Angra 3 gezogen werden. Bis dato habe die deutsche Bundesregierung die 60 existierenden Bauauflagen für Angra 3 als Gütesiegel dafür gewertet, dass die Sicherheitsüberprüfungen in Brasilien sehr streng seien.

"Die fehlende Lizenz belegt jedoch, dass es in Brasilien gängige Praxis ist, sich nicht um die Einhaltung von Auflagen zu kümmern und Nuklearanlagen trotzdem in Betrieb zu nehmen. Sicherheitsauflagen, die es bereits bei Angra 2 gab und die sich jetzt auch in der Baugenehmigung zu Angra 3 finden, sind, gerade im Hinblick auf den schlechten Katastrophenschutz, bis heute nicht umgesetzt worden. Die Bundesregierung muss jetzt endlich Konsequenzen ziehen und die Bürgschaft für Angra 3 zurückziehen", forderte Happe.

Hermes-Bürgschaften werden Unternehmen gewährt, um diese in so genannten "schwierigen Märkten", besonders Entwicklungs- und Schwellenländern, gegen die Zahlungsunfähigkeit lokaler Besteller abzusichern. Von 2001 bis 2010 verboten die Hermes-Umweltleitlinien Bürgschaften für den Export von Nukleartechnologie. Die schwarz-gelbe Bundesregierung schaffte die Umweltleitlinien ab und vergab im Februar 2010 eine Grundsatzzusage über 1,3 Mrd. Euro für eine Hermes-Bürgschaft an Areva/Siemens zum Bau des AKW Angra 3. Angra 3 ist der Zwillingsmeiler von Angra 2, der 2000 nach 25 Jahren Bauzeit fertig gestellt wurde.

Zusammen mit campact ruft urgewald dazu auf, sich an einer Online-Protestaktion an die zuständigen Ministerien gegen die endgültige Bürgschaftsvergabe für Angra 3 zu beteiligen: www.campact.de/atom2/sn12/signer

www.urgewald.de

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