Berlin (epo). - Über Strassen ist das kleine Völkchen der Kelabit im nördlichen Teil Zentral-Borneos nicht zu erreichen. Aber über das Internet. Die indigene Bevölkerung der Kelabit im Dörfchen Bario in den Bergen des malaysischen Bundesstaates Sarawak ist neuerdings Zielgruppe eines Projekts der Fakultät für Informationstechnologie der malaysischen Universität Sarawak (UNIMAS): "E-Bario". Das Projekt soll einen "Internet-Zugang für entlegene Kommunen" schaffen und damit die digitale Kluft zwischen Armen und Reichen, Wissenden und Unwissenden überwinden helfen. Ein Zuschuss des International Development Research Centre (IDRC) in Ottawa (Kanada) hat das Forschungsprojekt möglich gemacht.
Die Langhäuser der Kelabit liegen rund 1000 Meter über dem Meer und sind von bis zu 2000 Meter hohen Bergen umgeben. Das einzige schnelle Transportmittel ist eine Flugverbindung in die Städte Marudi und Miri. Die meisten Dorfbewohner haben Verwandte in den Städten, denn viele jüngere Kelabit haben auf der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten das Dorf verlassen. Traditionelle Kultur und Lebensstil der Kelabit, so Projektmitarbeiter Roger Harris, sind durch die Kontakte nach aussen bereits aufgeweicht worden. Aber die Kommunikation mit den Verwandten in der Stadt oder mit den Behörden ist für die Kelabit in Bario nach wie vor ein Problem.
Dem soll das Projekt "E-Bario" abhelfen: In der Dorfschule und in einem "Telezentrum" gibt es jetzt Zugang zum Internet. Die Forscher ermitteln die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der Dorfgemeinschaft und testen verschiedene Technologien für Telefon- und Internetverbindungen. Mit Hilfe der neuen Technologien sollen die Dorfbewohner ihre Reisernte besser vermarkten können - etwa indem sie die Wettervorhersage abrufen oder die aktuellen Marktpreise für Reis und Rohstoffe im Internet ermitteln. "Sie hoffen, mit ihrem Wissen und den neuen Kontakten den Reis von Bario nun auch außerhalb der Region verkaufen zu können und mit einem Internet-Auftritt zahlungskräftige Touristen in die Berge Borneos zu locken", berichtete eine Nachrichtenagentur über die Pläne der "früheren Kopfjäger".
Der 2.000-Einwohner-Ort sei vor eineinhalb Jahren, als das Forschungsprojekt erstmals vorgestellt wurde, zunächst sehr skeptisch gewesen, heisst es in Presseberichten. Der Austausch von E-Mails mit Verwandten und Freunden in entfernten Regionen habe aber begeisterte Reaktionen hervorgerufen. Hindernisse bei der Internet-Nutzung gibt es freilich noch zur Genüge: Der Strom für Computer und Modems muss mit Dieselgeneratoren erzeugt werden und ist teuer. Mit Internet-Kursen allein ist es nicht getan, denn viele Kelabit benötigen zunächst Sprachkurse, um sich auf englischsprachigen Internetseiten zurecht zu finden.
Dennoch sind die Forscher der malaysischen Universität Sarawak ob der bisherigen Erfolge zuversichtlich und hegen bereits neue Pläne: Mobile Internet-Zugänge auf Booten sollen die globale Kommunikation bald schon in die entlegensten Winkel Borneos bringen.
Klaus Boldt