sudan_abyei_100Göttingen. - Nach der Eskalation der Gewalt in der sudanesischen Öl-Region Abyei hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine deutliche Reaktion der deutschen Bundesregierung gefordert. "Als Garantiemacht des umfassenden Friedensabkommens zwischen Nord- und Südsudan im Januar 2005 darf Deutschland diese Besatzung nicht einfach hinnehmen", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Die Bundesregierung muss darauf bestehen, dass die Truppen sofort abziehen und die Flüchtlinge zurückkehren können."

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte am Sonntag in einer Erklärung beide Seiten für das Aufflammen der Gewalt verantwortlich gemacht. Nach einem Angriff auf einen Konvoi nordsudanesischer Soldaten habe die nordsudanesischen Armee die Stadt Abyei besetzt. Dadurch sein die Lage eskaliert. Der UN-Sicherheitsrat forderte den sofortigen Rückzug "aller militärischen Elemente" aus Abyei und die Einhaltung des Friedensabkommens von 2005.

Die GfbV warf der Bundesregierung vor, zur "bislang schwersten Verletzung des Friedensabkommens zwischen Nord- und Südsudan" zu schweigen. "Deutschland darf sich nicht wie schon in der Libyen-Frage hinter den USA und Frankreich verstecken", sagte Delius. Die UN-Botschafter Frankreichs und der USA, die sich zurzeit in Ostafrika aufhalten, hätten bereits am Sonntag den sofortigen Rückzug der in Abyei einmarschierten nordsudanesischen Soldaten gefordert. "Doch wo bleibt die Stimme Deutschlands?", fragte Delius. "Schon als Mitglied des Weltsicherheitsrates hat Deutschland die Pflicht, die grobe Verletzung des Friedensabkommens zu verurteilen. Wenn Außenminister Guido Westerwelle glaubwürdig bleiben will, muss er sich zudem an seine Zusicherungen halten." Bei den Vereinten Nationen habe Westerwelle Deutschlands Engagement für Frieden im Sudan noch im Dezember 2010 unterstrichen.

Nordsudanesische Soldaten hatten nach dem Zwischenfall mit südsudanesischen Soldaten am Samstag die Herrschaft in der wegen ihres Rohstoffreichtums begehrten Region Abyei übernommen. Der dort bislang regierende Verwaltungsrat wurde aufgelöst. Damit habe der Nordsudan nicht nur das das umfassende Friedensabkommen zwischen Nord- und Südsudan (CPA) vom Januar 2005 verletzt, sondern auch die jüngsten Friedensvereinbarungen für die Region, die seit Januar 2011 gelten, so die GfbV.

Nach Angaben des südsudanesischen Arztes Dr. Arkangelo Modesto benötigen rund 70.000 Angehörige der Ngok-Dinka in der Region Abyei schnell Unterstützung. Sie seien vor einmarschierenden nordsudanesischen Truppen geflohen. "Die Menschen haben alles stehen und liegen lassen, als ihr Gebiet am vergangenen Samstag angegriffen wurde. Sie fliehen in die südsudanesische Provinz Bar al-Ghazal. Es ist Regenzeit und wir befürchten, dass vor allem Kinder und ältere Menschen den Anstrengungen nicht gewachsen sind", sagte Dr. Modesto. "Auch die Gefahr, dass zu dieser Jahreszeit Malaria ausbricht, ist groß. Die Flüchtlinge brauchen dringend Nothilfe: Nahrungsmittel, Medikamente und provisorische Unterkünfte."

In Abyei sind überwiegend Angehörige des afrikanischen Dinka-Volkes ansässig. Sie fordern seit Jahren die Angliederung des umstrittenen Gebietes an den Südsudan. Dagegen verlangen die ebenfalls dort lebenden arabisierten Misseriya-Nomaden, dass die Region dem Nordsudan zugeschlagen wird.

www.gfbv.de

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