angola_100Göttingen. - Die geplante Lieferung von deutschen Patrouillenbooten an Angola ist aus der Sicht der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) "ein flagranter Verstoß gegen deutsche Rüstungsexport-Richtlinien". "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Angolas Marine die Schiffe auch für den Transport von Soldaten und Militärgütern in die umkämpfte ölreiche Exklave Cabinda einsetzt", sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Zudem könnten die Schiffe für eine See-Blockade Cabindas eingesetzt werden.

Eine Genehmigung des Rüstungsexports würde somit gegen die "Allgemeinen Prinzipien" der deutschen Rüstungsexport-Richtlinien verstoßen, so die GfbV. Danach sei jede Lieferung verboten, wenn "hinreichender Verdacht" besteht, dass Rüstungsgüter zur internen Repression genutzt werden könnten. Gemäß den Rüstungsexport-Richtlinien sei außerdem vor jeder Genehmigung die Menschenrechtslage besonders zu gewichten. In der ölreichen angolanischen Provinz Cabinda sei die Menschenrechtssituation katastrophal. Dort herrschten seit Jahrzehnten bürgerkriegsähnliche Zustände.

"Das geplante Rüstungsgeschäft erinnert fatal an den Verkauf von 39 Kriegsschiffen der NVA an Indonesien im Jahr 1993", sagte Delius. "Auch damals beruhigte die Bundesregierung Kritiker mit der Behauptung, die Schiffe würden nur zur Grenzsicherung eingesetzt. Von 1999 an kamen die ehemaligen DDR-Marineeinheiten jedoch nachweislich mehrfach beim Transport von Soldaten in Unruhegebiete auf Westpapua und Osttimor zum Einsatz."

In der ehemaligen portugiesischen Kolonie Cabinda, die heute eine Exklave Angolas ist und in der rund 360.000 Menschen leben, kämpfen seit 1960 mehrere Freiheitsbewegungen unter Einsatz von Waffen für einen unabhängigen Staat. Am 8. November 2010 wurden bei Kämpfen mit Aufstandsbewegungen zwölf angolanische Soldaten getötet, so die GfbV. Am 2. und am 19. März 2011 seien in der Republik Kongo zwei führende Vertreter der militärischen Flügel der Unabhängigkeitsbewegungen Cabindas unter mysteriösen Bedingungen entführt und ermordet worden. Weltweite Aufmerksamkeit erregte ein Anschlag mutmaßlicher Separatisten auf die Fußballmannschaft Togos beim Africacup im Januar 2010, bei dem mehrere Menschen getötet oder schwer verletzt wurden.

Die Menschenrechtsorganisation Mpalabanda wurde nach Angaben der GfbV im Juli 2006 verboten, nachdem sie Menschenrechtsverletzungen der angolanischen Armee in Cabinda dokumentiert hatte. Seit Januar 2010 seien mehrfach Menschenrechtler inhaftiert worden. Zurzeit betreibe Angola aktiv die Auslieferung des am 20. Juni 2011 in der Demokratischen Republik Kongo verhafteten Menschenrechtlers Agostinho Chicaia. Er ist ehemaliger Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation Mpalabanda aus Cabinda.

Der Bürgerkrieg in Cabinda zählt zu den vergessenen Konflikten Afrikas. Angolas Regierung versuche den Eindruck zu erwecken, dass in der wegen ihrer Öl-Produktion bedeutenden Provinz Frieden herrsche, kritisiert die GfbV. Zwar habe eine Splittergruppe der Unabhängigkeitsbewegung 2006 ein Friedensabkommen unterzeichnet. Es sei jedoch von allen maßgeblichen Kräften in Cabinda abgelehnt worden. Proteste gegen den Friedensvertrag seien gewaltsam niedergeschlagen und Menschenrechtsgruppen verboten worden.

www.gfbv.de

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