faoRom. - "Brot für die Welt" und MISEREOR haben zum Auftakt der UN-Ernährungswoche in Rom am Montag entschiedene Maßnahmen gegen den Hunger gefordert. Dazu gehörten Regeln gegen Landgrabbing und steigende Preise für Grundnahrungsmittel. Die kirchlichen Hilfswerke appellierten an das bei der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) angesiedelte Komitee für Welternährung, das in Rom über Vorschläge verhandelt, den Hunger in der Welt zu reduzieren. Rund eine Milliarde Menschen hungern weltweit, davon sind 70 Prozent Frauen und Mädchen.

Fachleute von "Brot für die Welt" begleiten die Verhandlungen in Rom, bei denen Landgrabbing und Nahrungsmittelpreise im Zentrum stehen. Unter "Landgrabbing" oder Landraub versteht man Agrarinvestitionen, bei denen großflächig Land in Entwicklungsländern gepachtet wird, um darauf Energiepflanzen für Agrosprit, Futtermittel oder Grundnahrungsmittel für weit entfernte, kaufkräftige Kunden anzubauen. Dabei bleiben die Ärmsten am Ort auf der Strecke, weil für sie Nahrung teurer und Land knapper wird. Die Verhandlungen in Rom drohten an nationalen Interessen zu scheitern, warnte Carolin Callenius, Leiterin der Ernährungskampagne bei "Brot für die Welt". "Es müssen strenge Leitlinien entstehen, die die Interessen der Betroffenen berücksichtigen", forderte Callenius.

Auch in den Importländern fordert "Brot für die Welt" Konsequenzen. Die hohen Importe an Futtermitteln und Agrospritpflanzen aus Entwicklungsländern heizten dort die Nachfrage nach Land an. Deshalb sollten die Vorschläge zur EU-Agrarreform, die vergangene Woche in Brüssel vorgestellt wurden, unbedingt nachgebessert werden: in Richtung einer EU-Agrarpolitik, die den Importbedarf durch eine stärkere einheimische Produktion ersetzt.

"Es müssen aber auch Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel verhindert werden", sagte Bernhard Walter, Ernährungsfachmann von "Brot für die Welt". "Die führenden Wirtschaftsnationen sollten endlich mehr Maßnahmen zur Regulierung der Börsen ergreifen. Dazu gehören die Begrenzung der Termingeschäfte und mehr Transparenz auf den Agrarrohstoffmärkten", betonte Walter. Die Bundesregierung müsse sich für einen Aktionsplan einsetzen, um spekulationsbedingte Preissprünge zu stoppen. Walter: "Aus ethischer Sicht darf mit Nahrungsmitteln nicht spekuliert werden, da sind sich alle einig, jetzt bedarf es des politischen Willens, den Worten auch Taten folgen zu lassen".

Das katholische Entwicklungshilfswerk MISEREOR forderte strenge und international verbindliche Regeln gegen Landraub. "Das Grundrecht auf Nahrung muss Vorrang haben vor den Gewinninteressen von Investoren", sagte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Josef Sayer. "Wir bedauern daher sehr, dass die geplante Verabschiedung der UN-Leitlinien zum Zugang zu Land verschoben wurde. Die Leitlinien sind dringend vonnöten, um sicherzustellen, dass Ländereien nicht ohne Zustimmung der lokalen Bevölkerung an Investoren vergeben werden dürfen." Nach dem offiziellen Zeitplan hätten die UN-Leitlinien in dieser Woche verabschiedet werden sollen.   

Placide Mukebo, MISEREOR-Partner aus dem Kongo, hat in der vergangenen Woche an der Verhandlung der Leitlinien teilgenommen. "Im Südosten Kongos haben wir das Problem, dass südafrikanische und kanadische Investoren zehntausende Hektar von der Regierung pachten. Die Bauernfamilien werden auf unfruchtbares Land verdrängt, ohne eine angemessene Entschädigung oder neue Einkommensmöglichkeiten zu erhalten. Hunger ist die Folge."   

Millionen Hektar Land werden kontinuierlich von Großinvestoren in Beschlag genommen. Auch MISEREOR-Partner in Indien, Indonesien und auf Madagaskar berichten von Megadeals, die zur Vertreibung und Verdrängung von ländlichen Gemeinden führen. "Ein Kernproblem ist, dass  die Regierungen, über die Köpfe der lokal Betroffenen hinweg, nur mit den Investoren verhandeln", erklärte Benjamin Luig, Landexperte von MISEREOR. "Die UN-Leitlinien könnten diese Praxis unmissverständlich verbieten, indem sie vorschreiben, dass die Landrechte der eigenen Bevölkerung registriert werden müssen", so Luig. Insbesondere Staaten wie die USA und Kanada seien zu solchen weitgehenden Verpflichtungen jedoch nicht bereit.

www.misereor.de
www.brot-fuer-die-welt.de

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