wirklichkeit_eh_150Berlin. - Die Hilfswerke terre des hommes und Welthungerhilfe haben der deutschen Entwicklungshilfe im 50. Jahr des Bestehens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Hilfswerke kritisieren in ihrem 19. "Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe", für die Unterstützung von Banken und den Euro-Rettungsschirm stünden innerhalb weniger Tage Milliardenbeträge zur Verfügung. Für die Entwicklungshilfe sehe die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bis 2014 hingegen einen deutlichen Rückgang der Ausgaben vor.

"Diese Kürzungspläne sind völlig inakzeptabel angesichts der ohnehin bescheidenen Quote der Ausgaben für Entwicklungshilfe von 0,38 Prozent des Bruttonationaleinkommens für das Jahr 2010", sagte Danuta Sacher, Geschäftsführerin des internationalen Kinderhilfswerkes terre des hommes, bei der Vorstellung des Berichtes am Mittwoch in Berlin. Ein solcher planmäßiger finanzieller Absturz stehe zudem in direktem Widerspruch zum erklärten Willen einer breiten Mehrheit von Abgeordneten, die fraktionsübergreifend fordern, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in den kommenden vier Jahren um 1,2 Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen.

Auch im Bereich der Menschenrechte werde die Bundesregierung ihren Verpflichtungen nicht gerecht, heißt es in dem Bericht. Zwar betone das neue Menschenrechts-Konzept des Entwicklungsministeriums deren Bedeutung, vermeide jedoch ein klares Bekenntnis im Falle von Zielkonflikten mit anderen Politikfeldern. "Die Wahrung der Menschenrechte muss immer Vorrang haben. Dafür muss der geplante Menschenrechts-TÜV der Regierung auf alle Politikbereiche angewandt werden", sagte Sacher.

Auch bei der Überprüfung der Wirkung der deutschen Entwicklungshilfe fällt die vorläufige Bilanz negativ aus. Die bisherigen Fortschritte zum Beispiel bei der Koordinierung der technischen Zusammenarbeit seien enttäuschend. Zudem halte die Bundesregierung die von ihr bekräftigten Verpflichtungen in wichtigen Punkten wie der Beseitigung von Lieferbindungen oder der Stärkung demokratischer Eigenverantwortung nicht ein. "Die Bundesregierung setzt neue Schwerpunkte, anstatt die Vereinbarungen der letzten Jahre konsequent umzusetzen, um so die Wirksamkeit ihrer Hilfe zu erhöhen. Die starke Fokussierung auf kurzfristige Ergebnisse birgt enorme Risiken für die Entwicklungsländer, die bedacht werden müssen", betonte Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe.

Der Bericht "Die Wirklichkeit der Entwicklungshilfe" ist als Schattenbericht zu den offiziellen Zahlen des Entwicklungsausschusses (Development Assistance Committee/DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) konzipiert. Er untersucht Quantität und Qualität der deutschen und internationalen Entwicklungshilfe.

"Der Bericht zeigt deutlich, dass das BMZ keine konzeptionellen Antworten auf die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit hat", sagte Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. "Das Ministerium verharrt auf einem überholten Entwicklungsmodell, das primär auf Wirtschaftswachstum und neoliberale Marktstrategien wie Privatisierung und Liberalisierung setzt. Dabei bleiben Verteilungs-, Umwelt- und Menschenrechtsaspekte unterbelichtet."

"Bundeskanzlerin Angel Merkel hat sich nochmals ausdrücklich dazu bekannt, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen", erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ, Gudrun Kopp. Das belegt die Haushaltsentwicklung des Entwicklungsministeriums: Wir verzeichnen seit drei Jahren einen Zuwachs und haben zum dritten Mal in Folge den bislang höchsten Etat. (...) Hinsichtlich Lieferbindungen möchte ich betonen, dass sich das BMZ OECD-konform verhält. (...) Die bislang erzielten Fortschritte können sich sehen lassen. Knapp 80% der von uns über verschiedene Durchführungsorganisationen erbrachten Leistungen sind bereits lieferungebunden. Von einer Exporthilfe für deutsche Unternehmen kann wahrlich nicht die Rede sein."

Der Bericht ist abrufbar unter: www.tdh.de/wirklichkeit

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