genossenschaftsjahr_2012Mainz. - Genossenschaften schaffen weltweit mehr als 100 Millionen Arbeitplätze, 20 Prozent mehr als multinationale Großunternehmen. Darauf hat der Weltverband der Genossenschaften zum Auftakt des Internationalen Jahres der Genossenschaften 2012 am 14. November hingewiesen. Das von den Vereinten Nationen ausgerufene Jahr hebt die wichtige Rolle hervor, die Genossenschaften für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung und für die Bekämpfung der Armut spielen.

Die International Co-operative Alliance (ICA), der Weltverband der Genossenschaften, begeht den Auftakt des Internationalen Jahres der Genossenschaften am Montag in der mexikanischen Hafenstadt Cancun. Fast eine Milliarde Menschen, weltweit jeder Siebte, sind Mitglieder von Genossenschaften - in der Landwirtschaft, im Finanzwesen, in Produktion, Gesundheitswesen, Bildung und Handel.

Finanzierungs-Genossenschaften bieten weltweit Kredite und Sparmöglichkeiten für etwa 857 Millionen Menschen (rund 13 Prozent der Weltbevölkerung). Eine davon ist die internationale Genossenschaft Oikocredit, die Darlehen an fast 900 Partnerorganisationen in über 70 Ländern vergibt. Finanziert werden diese Darlehen durch 43.000 Privatpersonen und Organisationen, die Geld bei Oikocredit anlegen. Die Anleger fördern damit nicht nur Entwicklung, sondern erzielen auch in der Regel eine Dividende von zwei Prozent.

"Für uns ist das Jahr der Genossenschaften ein guter Anlass, auf die Bedeutung der Genossenschaften hinzuweisen", erklärte Oikocredit-Geschäftsführerin Rosalind Copisarow, die an der ICA-Generalversammlung in Mexiko teilnimmt. "Weltweit wird die Wirtschaft regelmäßig von Finanzkrisen erschüttert. Genossenschaften hingegen tragen zu einer 'fairen Globalisierung' bei. Denn sie schaffen Unternehmen, die Solidarität und Verantwortlichkeit, Partnerschaften und faire Regeln und Standards fördern."

Ein Drittel der Darlehen, die Oikocredit vergibt, geht an Genossenschaften im Mikrofinanzsektor, in der Landwirtschaft, der Warenherstellung oder dem Handel. Cocovico, eine Kooperative von Markthändlerinnen aus Abidjan in Côte d’Ivoire, ist eine solche Handelsgenossenschaft. Anfang November wurde Cocovico von der französischen Tageszeitung Le Monde und Finansol mit dem Preis für Internationale Solidarität ausgezeichnet.

"Früher verkauften wir unsere Waren auf der Straße", erinnert sich Cocovico-Präsidentin Rosalie Botti. "Davon konnten wir kaum leben und die hygienischen Zustände waren sehr schlecht." Deshalb kamen die Marktfrauen auf die Idee, eine eigene Markthalle zu errichten. Möglich wurde das dank mehrerer Oikocredit-Darlehen von umgerechnet 1,5 Millionen Euro. Seit drei Jahren steht die große Halle in Abidjan. Es gibt fließend Strom und Wasser, Toiletten, einen Kindergarten, eine Gesundheitsberatung und sichere Übernachtungsmöglichkeiten für Marktfrauen aus dem Umland. Die neue Markthalle zieht mehr Kunden an als der alte Straßenmarkt. Viele Marktfrauen verdienen also mehr und können ihren Kindern nun eine Ausbildung finanzieren.

Und nicht nur die rund 200 Cocovico-Mitglieder arbeiten in der Markthalle: Der florierende Handel gibt inzwischen weiteren 5.000 Menschen Lohn und Brot. Die Frauengenossenschaft hat die Wirtschaft der Region spürbar angekurbelt und viele Arbeitsplätze geschaffen. Als im Frühjahr 2011 erneut Kämpfe um die Macht das Land erschütterten, waren die Marktfrauen von Cocovico laut Oikocredit die Einzigen, die die Menschen im Norden von Abidjan zuverlässig mit Lebensmitteln versorgen konnten.

Für Oikocredit in Deutschland markiert der offizielle Start des Internationalen Jahres der Genossenschaften auch den Beginn einer bundesweiten Kampagne zur Rolle von Genossenschaften in der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere der Entwicklungsfinanzierung. Erster Meilenstein ist die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geförderte Tagung "Genossenschaften als Motoren von Entwicklung", die Oikocredit vom 3. bis 5. Februar 2012 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, TransFair und der Evangelischen Akademie Bad Boll organisiert.

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