kritische_aktionaere_100Berlin. - Der Dachverband der Kritischen Aktionäre will bei der Hauptversammlung von ThyssenKrupp am Freitag in Bochum nach der Mitverantwortung des Aufsichtsrats für Milliardenverluste des Stahlkonzerns fragen. Dazu beigetragen habe maßgeblich ein sieben Milliarden Euro teures Stahlwerk in Brasilien. Ein Bündnis aus Dachverband, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL) und Kooperation Brasilien (KoBra) fordert von ThyssenKrupp eine Entschädigung für durch den Stahlwerksbau geschädigte Fischer und einen Auslieferungsstopp von U-Booten in Spannungsgebiete.

"Für die im Amerika-Geschäft entstandene Kostenexplosion allein den früheren Vorstandsvorsitzenden Dr. Ekkehard Schulz verantwortlich zu machen, ist nicht ausreichend", sagt Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands. "Dr. Schulz hat die Konsequenzen gezogen und ist zum Jahresende aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. Diesem Beispiel sollte nun auch der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Cromme folgen, wenn er nicht erklären kann, wie es trotz seiner Aufsicht zu dem Desaster kommen konnte." Der Dachverband verlangt von ThyssenKrupp Einblick in das von Cromme in Auftrag gegebene juristische Gutachten, das weder bei Schulz noch beim Aufsichtsrat eine Verletzung der Sorgfaltspflichten feststellen konnte.

"Das im Juni 2010 hochgefahrene Stahlwerk von ThyssenKrupp an der Bucht von Sepetiba hat immer noch keine endgültige Betriebgenehmigung", stellt FDCL-Mitarbeiter Christian Russau fest. "Wissenschaftler haben in dem Staub, den das Stahlwerk ausstößt, giftige Schwermetalle gemessen." Das Stahlwerk erhöhe die CO2-Emissionen von ganz Rio de Janeiro um 72 Prozent und halte den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1.500 Metern zu den nächsten Häusern nicht ein. Ekkehard Schulz habe hingegen 2011 noch behauptet, es handle sich bei den Emissionen "nur um Graphit". Die Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro habe bestätigt, dass das Stahlwerk seit dem Betriebsstart weit über den zulässigen Grenzwerten liegende Schadstoffe in die Umgebung abgegeben habe und drohe dem Projektleiter und dem Umweltdirektor des Stahlwerks hohe Freiheitsstrafen im Falle einer Verurteilung an.

"Die Anwohner des Stahlwerks klagen über Atemwegs- und Hauterkrankungen, Allergien sowie Augenreizungen", berichtet Marcos A. da Costa Melo. Der in Deutschland lebende Brasilianer, Geschäftsführer des Forums für Umwelt und gerechte Entwicklung (FUgE e.V.) und Vorstandsmitglied von KoBra e.V., ist in ständigem Austausch mit seinen Landsleuten.

Dorothea Kerschgens, Vorstandsmitglied des Dachverbands der Kritischen Aktionäre, beklagt die Rüstungsproduktion von ThyssenKrupp. "Der Konzern lässt durch sein Tochterunternehmen HDW U-Boote bauen und liefert diese in Spannungsgebiete wie Israel und Südkorea aus." Der Vorstand müsse sich fragen lassen, warum er die zivile Schiffbausparte verkauft hat und sich auf den militärischen Schiffbau konzentriert. Kerschgens verlangt von ThyssenKrupp auch Klarheit über die Zahlung von Schmiergeldern, die die Vertriebsfirma MFI (Marine Force International) geleistet habe. ThyssenKrupp sei wie die Ferrostaal AG zu 50 Prozent an MFI beteiligt.

www.kritischeaktionaere.de

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