www_iconHamburg. - Die Fangflotten der Weltfischerei haben ihren zerstörerischen Aktionsradius seit 1950 verzehnfacht. 100 Millionen Quadratkilometer werden so intensiv befischt, dass die Ökosysteme bereits stark geschädigt sind. Das entspricht einem Drittel der Oberfläche des gesamten Weltmeeres. Zu diesem Ergebnis kommt ein am Mittwoch veröffentlichter WWF-Bericht, der den über Jahrzehnte wachsenden Druck der Fischerei veranschaulicht.

"Sinkende Fänge in heimischen Gewässern sorgen dafür, dass die Industriestaaten die wachsende Nachfrage mit Fisch aus weit entlegenen Regionen und den Gewässern von Entwicklungsländern decken", erklärte Uwe Johannsen vom WWF. Trotz stark gewachsenen Fischereiaufwands erbeuteten die Flotten seit den siebziger Jahren immer weniger und kleinere Fische. "Wir haben die Meere gründlich ausgebeutet. Es ist ein Zeichen für Überfischung, wenn mit mehr Aufwand nicht auch mehr Fisch gefangen wird und nur noch Jungfisch ins Netz geht", sagte Johannsen.

Auch die Fangflotte der Europäischen Union fischt intensiv in fremden Meeren: Bereits 30 Prozent des unter EU-Flagge gefangenen Fisches stammen nach WWF-Angaben aus nicht-europäischen Fangregionen. Das intensiv befischte Einsatzgebiet der europäischen Fischer habe sich binnen 50 Jahren verdreifacht. Gefischt werde beispielsweise Seehecht vor Westafrika, aber auch Holzmakrele vor Südamerika sowie Thunfisch im Indischen Ozean. Heute unterhalte die EU 13 Fischereiabkommen mit Drittstaaten.

Aber der Schaden ist dem WWF zufolge nicht auf die Küstenregionen begrenzt. Auch für die internationalen Gewässer, in denen z.B. die weit wandernden Thunfische anzutreffen sind, weist die Karte große rote Gebiete aus, die durch massive Befischung bereits geschädigt sind. Hochseeflotten aus Europa werden auch in Regionen aktiv, die längst unter starkem Fischereidruck aus aller Welt stehen. "Wir exportieren das Überfischungsproblem", so Uwe Johannsen. "Und solange es Treibstoffsubventionen aus Brüssel gibt, bleiben die weiten Fangfahrten für die EU-Fischerei lukrativ."

Der WWF fordert, dass diesem zerstörerischen Exportmodell im Rahmen der laufenden EU-Fischereireform ein Riegel vorgeschoben wird. "Egal wo Europas Flotte im Einsatz ist, sie muss umwelt- und bestandsschonend fischen, wenn sie eine Zukunft haben will", betonte Johannsen. Fischereiabkommen müssen laut WWF als echte Partnerschaften geschlossen werden. Es dürften nur Fischbestände genutzt werden, die intakt sind und nur Fisch gefangen werden, den das Partnerland selbst nicht nutzen kann. Die Europäischen Megatrawler dürften den Kleinfischern nicht den Fang streitig machen.

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Die vom WWF beauftrage Studie wurde vom Projekt "Sea Around Us" der Universität Vancouver durchgeführt. Eine animierte Karte verdeutlicht, dass nicht nur die befischte Fläche zugenommen hat, sondern auch die Intensität der Nutzung. Um die Auswirkungen der Fischerei auf die Ökosysteme zu messen, analysierten die Wissenschaftler die benötigte Primärproduktion (PPR). Sie steht für die Energie, die es braucht, um pflanzliches Plankton über die Nahrungskette in Fisch umzuwandeln. Die blauen Flächen in der Karte stehen für mindestens 10 Prozent Entnahme der PPR, orange für mindestens 20 Prozent und rot weist auf eine Entnahme von mindestens 30 Prozent der PPR hin. Ein Wert von über 30 Prozent PPR-Entnahme bedeutet, dass die Fischerei mindestens ein Drittel der gesamten Primärproduktion eines Gebietes entnimmt. Ein Vergleich mit den Fangstatistiken zeigt, dass viele Bestände in den roten Gebieten überfischt sind. Im globalen Maßstab trägt die Europäische Fischerei signifikant zu der Belastung der Fischbestände bei.

Karte © WWF

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