data_2012_80Berlin. - Die deutsche Entwicklungspolitik legt zu wenig Schwerpunkte auf die ärmsten Länder der Welt. Außerdem liegt die Bundesregierung weit hinter ihren finanziellen Zusagen an die ärmsten Länder zurück. Sie müsste jährlich mehr als zwei Milliarden Euro mehr einsetzen, um das 0,7 Prozent-Ziel zu erreichen. Das geht aus dem "DATA-Bericht" hervor, den die Organisation ONE am Montag in Berlin vorstellte.

Zwei Tage vor der Entscheidung des Bundeskabinetts über den Haushalt für 2013 warnte der Deutschlandchef von ONE, Tobias Kahler: "Nach unseren Berechnungen müsste Deutschland jedes Jahr 2,35 Milliarden Euro zusätzlich für Armutsbekämpfung ausgeben, um das Versprechen von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung zu halten, das den ärmsten Ländern der Welt 2005 gegeben wurde. Wir erwarten aber übermorgen nur leichte Erhöhungen für den Entwicklungsetat", so Kahler.

Damit ist ONE zufolge auch ein weiteres Ziel in Gefahr. Mindestens die Hälfte dessen, was seit 2004 zusätzlich für Entwicklungspolitik ausgegeben wird, sollte Afrika unterstützen. "Nur ein Viertel der deutschen Erhöhungen ging an Afrika. Bis 2015 muss Deutschland seine Unterstützung um das Zweieinhalbfache steigern", so Kahler.

Der DATA Bericht vermerkt hingegen positiv, dass das deutsche Engagement für Afrika zuletzt etwas stärker stieg als in anderen Regionen, nämlich um 15,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. ONE lobt zudem, dass Deutschland eines von nur fünf Ländern der Euro-Zone ist, dass seine Entwicklungsfinanzierung im letzten Jahr überhaupt gesteigert hat.

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Grafik: ONE

Der kommende 7-Jahres-Haushalt der Europäischen Union bietet aus Sicht von ONE eine wichtige Chance für die EU-Staaten, ihrem gemeinsamen Versprechen an die ärmsten Länder der Welt ein Stück näher zu kommen. "Die Staats- und Regierungschefs müssen auf dem EU-Gipfel diese Woche enorme Herausforderungen für die Zukunft der europäischen Wirtschaft angehen. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission zum kommenden EU-Haushalt liegt ein sinnvoller Beitrag für Stabilität und Wachstum unseres Nachbarkontinents auf dem Tisch. Gerade in Zeiten der Krise ist das eine sinnvolle Zukunftsinvestition", erklärte Kahler. ONEs Studie zeigt zudem, dass die Entwicklungspolitik der EU-Kommission gute Qualitätskennzahlen aufweist.

In vier Kategorien bewertet der "DATA Bericht" die Qualität der Entwicklungspolitik von 15 EU-Staaten und der EU-Kommission. In nur einer der vier Kategorien schneidet Deutschland leicht überdurchschnittlich ab, nämlich bei der Zusammenarbeit mit und Stärkung von Institutionen der Partnerländer. Besonders schlechte Noten gibt es für die Schwerpunktsetzung der Entwicklungsarbeit der Bundesregierung.

"Deutschland arbeitet zu wenig in den wirklich ärmsten Ländern. Unter den Top-10 Empfängern deutscher Hilfe finden sich fünf G20-Staaten", sagte Tobias Kahler. Die Schaffung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durch die Fusion von drei Organisationen bewertet ONE insgesamt hingegen als einen richtigen Schritt, durch den man sich für die Zukunft auch eine Entlastung der Regierungen der Partnerländer erwarte.

Besonders kritisch sieht ONE Deutschlands Abschneiden im Bereich "Transparenz". Hier liege man den Zahlen nach zwar im Durchschnitt. Die zögerliche Umsetzung der internationalen Transparenzinitiative für die Entwicklungsfinanzierung (IATI) muss aus Sicht von ONE jedoch dringend beschleunigt werden. "2008 hat Deutschland mit anderen Ländern gemeinsam beschlossen, die eigenen Entwicklungszahlungen transparenter und international vergleichbarer zu machen. Das war vor fast vier Jahren. Bis heute gibt es noch nicht mal einen Umsetzungsplan dazu", kritisierte Kahler. "Andere Länder sind hier deutlich weiter, Vorbild ist die EU-Kommission."

Mit dem DATA Bericht beobachtet ONE seit 2006 die Einhaltung von Zusagen bezüglich höherer Finanzierung und Verbesserung der Wirksamkeit von Entwicklungszusammenarbeit.

"Mit jedem Jahr steigt die Summe beträchtlich, um die die Bundesregierung den Entwicklungshaushalt stufenweise aufstocken müsste, um noch bis 2015 ihr 2005 gegebenes Versprechen einlösen zu können, bis 2015 0,7% des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben", erklärte Niema Movassat, Entwicklungspolitiker der Fraktion DIE LINKE. "Die Berechnungen der Fraktion DIE LINKE stützen die Zahlen des jüngsten Data-Berichts 2012 der Entwicklungsorganisation ONE. Unser Entschließungsantrag für das Haushaltsjahr 2012 sah eine ähnliche Steigerung vor (Bundestags-Drs. 17/7855). Es ist aber längst keine Frage des Geldes mehr allein! Unter der FDP-Führung hat die strikte Armutsorientierung deutscher Entwicklungszusammenarbeit massiv zugunsten sehr fragwürdiger Projekte, wie dem Polizeiaufbau in Saudi Arabien und problematischer Müllentsorgungsdeals mit Indien, gelitten."

www.one.org/databericht

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