kongo_displaced_nordkivu_irin_150Berlin. - Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind Hundertausende Menschen der Willkür von Rebellen und Milizen ausgesetzt. Gewalt und Vertreibung haben in den vergangenen Monaten dramatisch zugenommen, berichten die Hilfsorganisationen Oxfam und CARE aus dem Konfliktgebiet. Elodie Martel, Landesdirektorin von Oxfam im Kongo, erklärte: "In weiten Teilen des Ostens herrscht blankes Chaos. Die Menschen sind der Gewalt von allen Seiten schutzlos ausgeliefert."

Aufgrund der Kämpfe zwischen kongolesischen Regierungstruppen und der Rebellenbewegung M23 seien seit vier Monaten fast eine halbe Million Menschen im Ostkongo auf der Flucht, berichtete Oxfam. M23 habee sich Anfang April von der kongolesischen Armee abgespalten und kontrolliere inzwischen weite Teile der Provinz Nord-Kivu. Im Windschatten der Rebellion hätten auch zahlreiche lokale Milizen ihre Aktivitäten verstärkt, Dörfer in ihre Gewalt gebracht und die Bevölkerung drangsaliert.

Unterdessen hat Oxfam zufolge die Gesamtzahl kongolesischer Flüchtlinge und Binnenvertriebener die Zwei-Millionen-Marke überschritten und ist damit auf dem höchsten Stand seit Ende 2009. Aufgrund massiver Flüchtlingsbewegungen breiteten sich Krankheiten wie Cholera schnell aus. Seit Januar seien in dem zentralafrikanischen Land über 20.000 Menschen an Cholera erkrankt und 481 daran gestorben.

Oxfam leistet Nothilfe in Kibati, einem Vertriebenencamp nördlich von Goma, wo rund 30.000 Menschen mit sauberem Wasser und Hygienemaßnahmen unterstützt werden. Auch in Mweso, Beni und Lubero wird Nothilfe bereitgestellt.

Der Konflikt in der DR Kongo ist auch Thema eines hochrangigen Treffens der Internationalen Konferenz der Großen Seen (ICGLR), das in dieser Woche in der ugandischen Hauptstadt Kampala stattfindet und an dem zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Im Zentrum der Verhandlungen müssten der Schutz der Zivilbevölkerung und die regionalen Dimensionen des Konflikts stehen, forderte Oxfam.

"Es ist bitter, wie wenig bislang unternommen wurde, um die Gewalt zu stoppen", so Martel. "Die Vereinten Nationen, die kongolesische Regierung, die Regierungen in den Nachbarländern und die internationale Gemeinschaft: Alle sind gefordert, die Katastrophe im Kongo ein für alle Mal zu beenden."

Die Hilfsorganisation CARE fordert stärkeren Schutz besonders für Frauen und Mädchen. "Die Zahl der Vergewaltigungen und Überfälle nimmt mit jedem Tag hier massiv zu", berichtete Yawo Douvon, Leiter des CARE-Länderbüros. "Inzwischen hat die Gewalt in der Provinz Nord-Kivu ähnliche Ausmaße angenommen wie letztmalig im Herbst 2008."

Es sei schwierig, die genaue Anzahl der betroffenen Menschen zu beziffern, denn die meisten sprächen aus Angst vor Stigmatisierung nicht über ihren Leidensweg und nähmen keine Hilfe in Anspruch. Zudem erschwere die angespannte Sicherheitslage derzeit die Datenerfassung, so Douvon. Zahlreiche Dörfer und Kliniken seien aufgrund der Präsenz bewaffneter Gruppen auf den Straßen für Hilfsorganisationen unerreichbar.

CARE fordert deshalb uneingeschränkten Zugang für humanitäre Organisationen zu allen Gemeinden in der Konfliktregion, die Hilfe benötigen. Unzählige Familien könnten nicht erfasst werden, weil sie sich auf der Flucht befinden oder in Gastgemeinden Obdach gesucht haben. Das mache die Erhebung der Bedürfnisse, die Versorgung der Menschen und die Identifizierung von Fällen sexueller Gewalt für Hilfsorganisationen schwer. Auch die so genannten Überweisungssysteme müssten ausgebaut werden, berichtete CARE. Dadurch werde sichergestellt, dass Gewaltopfer nach der medizinischen Hilfe auch juristischen und psychosozialen Beistand bekommen.

CARE führt in der kongolesischen Konfliktregion Nord-Kivu Projekte in Gemeinden und in Flüchtlingslagern durch, um Überlebenden sexueller Gewalt zu helfen und Übergriffen vorzubeugen. Einfache Mittel wie etwa die Beleuchtung der sanitären Anlagen in Flüchtlingslagern helfen dabei. Im Flüchtlingslager Kigeme in Ruanda, wo 11.000 Kongolesen Zuflucht gefunden haben, kümmert sich CARE um die gesundheitliche Versorgung der Flüchtlinge, das Abfallmanagement sowie um Hilfe und Beratung bei Fällen von sexueller Gewalt.

Foto: Vertriebene in der Provinz Nord-Kivu © IRIN

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