ernaehrung_ostniger_care_melaniebrooksBerlin. - In Westafrika ist die Ernährung von mehr als 18 Millionen Menschen in neun Ländern der Sahelzone nicht gesichert. Wie Hilfsorganisationen am Donnerstag berichteten, ist aus der Hungerkrise infolge der Dürre durch Cholera, Fluten und Flüchtlingsströme eine mehrfache Katastrophe geworden. Die internationale Hilfe ist massiv unterfinanziert: Die Vereinten Nationen beziffern den Fehlbetrag auf rund 557 Millionen Euro.

"Die humanitäre Situation in Niger, Tschad und Mali verschlechtert sich weiterhin dramatisch", warnte die Hilfsorganisation CARE. "Die Flüchtlingsströme aus Mali, die Fluten und der Ausbruch der Cholera im Niger haben aus der Hungerkatastrophe eine Mehrfachkatastrophe gemacht. Die Menschen brauchen dringend unsere Hilfe", sagte Stefan Ewers, Vorstandsmitglied von CARE Deutschland-Luxemburg.

Allein in Mali, Tschad und Niger sind CARE zufolge über 14 Millionen Menschen von Nahrungsunsicherheit bedroht. Mehr als 4,1 Millionen Kinder gelten als unterernährt, davon eine Million als lebensbedrohlich unterernährt. Die Zahl der Menschen, die von der Hungerkrise betroffen sind, habe sich seit Februar fast verdoppelt. Um die Menschen mit dem Lebensnotwendigsten wie Wasser, Nahrungsmitteln und einer Unterkunft zu versorgen, fehlen laut UN-Angaben derzeit etwa 557 Millionen Euro. "Mit einer derartigen Unterfinanzierung kann die internationale Gemeinschaft die aktuelle Krise nicht bewältigen. Vor allem, weil ein Ende der Katastrophe vorerst nicht in Sicht ist", so Ewers.

Konflikte in der Region führen nach Angaben von CARE dazu, dass viele Wanderarbeiter in ihre Heimat zurückkehren mussten. "Für viele Familien bedeutet das, dass ihre Haupteinnahmequelle wegfällt. Für Nahrungsmittel ist kein Geld mehr übrig, zumal die Preise enorm gestiegen sind." Seit den Kämpfen in Mali seien außerdem über 442.000 Malier im eigenen Land oder in den Nachbarländern auf der Flucht, 400.000 Menschen hätten aufgrund der Fluten im Niger ihre Häuser verlassen müssen. "Häufig fliehen die Menschen in Regionen, die auch von der Nahrungskrise betroffen sind. Die Gastfamilien, von denen sie aufgenommen werden, haben selbst nicht ausreichend Nahrungsmittel."

In Mali und Niger sind zusätzlich mehr als 3.580 Cholera-Fälle bekannt geworden, über 80 Menschen sind bereits an der Durchfallerkrankung gestorben. "In vielen Dörfern leben die lokalen Familien und die Flüchtlinge auf engem Raum zusammen. Das steigende Wasser und die schlechte Ernährungssituation sind ein Herd für die weitere Ausbreitung der Krankheit", so CARE. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) könnte eine Heuschreckenplage in Mali, Niger und Tschad zusätzlich die Ernten, Nahrungssicherheit und Existenzgrundlagen von 50 Millionen Menschen bedrohen.

CARE arbeitet im Tschad, Niger und in Mali und bemüht sich seit Monaten darum, die schwelende Krise einzudämmen. Besondere Unterstützung benötigen vor allem Frauen und Kleinkinder unter zwei Jahren, die durch Mangelernährung irreversible Langzeitfolgen davon tragen können. CARE verteilt Nahrungsmittel und Bargeld an die am schlimmsten betroffenen Haushalte, repariert Brunnen und Sanitäranlagen und führt Cash-for-Work-Programme durch, um den Menschen ein Einkommen zu ermöglichen.

Gleichzeitig bemüht sich CARE darum, die Selbsthilfekräfte der Gemeinden zu stärken. Von Frauen geführte Kleinspargruppen und Getreidebanken bieten alternative Einkommensquellen und damit mehr Widerstandskraft gegen Dürrephasen. Damit stärkt CARE vor allem die Rolle der Frauen, damit ihnen stärkerer Schutz zukommt und sich ihnen mehr Wege aus dem Hunger für sich und ihre Familien öffnen.

NOTSTAND IN SIERRA LEONE

In Sierra Leone hat hat die Regierung nach dem schlimmsten Ausbruch von Cholera seit 1998 den nationalen Notstand ausgerufen. Mehr als 15.000 Fälle seien bislang registriert worden, darunter 251 Todesfälle, berichtete World Vision. Bis auf einen seien alle der 13 bundesweiten Bezirke betroffen. Das Kinderhilfswerk arbeitet eng mit Regierungsbehörden und lokalen Gemeinden zusammen, um die Krankheit einzudämmen.

"Cholera ist eine äußerst ansteckende Krankheit und im Moment sind die Bedingungen in Sierra Leone leider ideal für den Erreger", erklärte Koi Dimoh, Cholera-Nothilfe-Koordinator von World Vision in Sierra Leone. "Andauernde schwere Regenfälle und die miserable hygienische Situation bewirken, dass sich die Krankheit schnell ausbreitet. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Zahl der Erkrankten stark zunehmen."

Die ungewöhnlich heftigen Regenfälle in diesem Jahr haben schwere Überschwemmungen im Land verursacht, vor allem in tief liegenden Gebieten in der Hauptstadt Freetown. Darüber hinaus leben viele Menschen in überfüllten Slums, wo es große Mengen von Müll gibt, aber keine Latrinen.

"Besonders Kinder sind von der Cholera betroffen. Bei ihnen wirkt die Krankheit schnell tödlich, wenn sie nicht umgehend und intensiv behandelt wird", sagte Dimoh. Die Regierung in Sierra Leone hat sich deshalb auf einen gemeinsamen Aktionsplan mit World Vision verständigt. Gemeinden erhalten Hygienesets mit Seifen, Handtüchern, Decken und weiteren Hilfsgütern. Der Zugang zu sauberem Wasser soll verbessert werden. Außerdem verteilt World Vision Tabletten zur Trinkwasseraufbereitung. World Vision involviert lokale und religiöse Führer in Aufklärungskampagnen über die Wichtigkeit von Hygiene im Kampf gegen Cholera.

Außerdem arbeiten lokale Organisationen, darunter auch World Vision, an einem Projekt zur Bekämpfung der vielen illegalen Müllhalden in der Hauptstadt. Dabei soll die Bevölkerung über die Gefahren von unbeseitigten Abfällen und den besseren Umgang mit Müll aufgeklärt werden.

Foto: Im Ost-Niger können Familien nur noch zwei Mahlzeiten am Tag essen. © CARE/Melanie Brooks

www.care.de
www.worldvision.de

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