biccBonn. - Das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC) hat seinen Globalen Militarisierungsindex (GMI) aktualisiert. Der aktuelle Index untersucht die Militarisierungsgrade von 135 Ländern für das Jahr 2011 und dokumentiert die Entwicklung von bis zu 153 Ländern seit 1990. Das Update bestätigt den Trend der letzten Jahre, demzufolge die Region des Nahen und Mittleren Osten weltweit am höchsten militarisiert ist.

Tendenzen zu verstärkter regionaler Militarisierung zeigen sich nach Angaben des BICC derzeit ebenfalls vor allem in Asien und dem Kaukasus. Umfangreiche Waffenkäufe verstärkten die Gefahr von regionalen Rüstungswettläufen, warnen die Forscher.

Israel, Singapur, Syrien, Russland, Jordanien, Zypern, Kuwait, Aserbaidschan, Bahrain und Saudi-Arabien belegen nun die ersten zehn Plätze des Globalen Militarisierungsindexes. Dies ergab die Auswertung der aktuellsten Daten (basierend auf den letzten Erhebungen im Jahr 2011). Die USA haben mit 689 Milliarden US-Dollar weiterhin den weltweit größten Rüstungshaushalt. Im Globalen Militarisierungsindex 2012 nehmen sie Platz 30 von insgesamt 135 Staaten ein.

Der Index definiert den Militarisierungsgrad eines Landes unter anderem dadurch, wie sich die staatliche Mittelverteilung an das Militär zum Bruttoinlandsprodukt oder zu anderen gesellschaftlichen Bereichen wie z.B. den staatlichen Gesundheitsausgaben verhält.

"Der Nahe und Mittlere Osten ist seit Jahren eine der brisantesten Krisen- und Konfliktregionen der Welt. Dies spiegelt auch der Index wider, der den konstant hohen Militarisierungsgrad dort nachweist", sagte Jan Grebe, Projektleiter am BICC. So seien sechs der ersten zehn Länder des GMI Israel (Rang 1), Syrien (Rang 3), Jordanien (Rang 5), Kuwait (Rang 8), Bahrain (Rang 9) und Saudi-Arabien (Rang 10).

Auch fast alle anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens lassen sich innerhalb der ersten 40 Plätze des GMI wiederfinden. Der Iran steht z.B. an 34. Stelle. Vor dem Hintergrund politischer Umbrüche, anhaltender Unruhen in einigen Staaten sowie des Krieges in Syrien bergen die hohen Militarisierungsgrade laut BICC potenziell die Gefahr, die Region weiter zu destabilisieren. "Umfangreiche Waffenkäufe, wie auch das Interesse Saudi-Arabiens und Katars am Kauf deutscher Panzer, sind Indizien für eine Dynamik des regionalen Wettrüstens", warnte Jan Grebe.

Mit Singapur (Rang 2) befindet sich im Jahr 2011 erneut eines der höchst militarisierten Länder der Welt in Südostostasien. "Der kleine Stadtstaat weist dem staatlichen Militärapparat unverhältnismäßig viele Ressourcen zu. Gründe hierfür sind seine geostrategische Lage zwischen Malaysia, Indien und Indonesien sowie die starke Verankerung des Militärs in der Gesellschaft, das eine tragende Säule in der als 'Total Defense' bezeichneten Sicherheitspolitik des Landes ist", erläuterte Jan Grebe.

Auch wenn die asiatische Region generell eher mittlere Militarisierungsgrade aufweist, so das BICC, fällt die Aufrüstung Chinas (Rang 82) und Indiens (Rang 71) auf, die jeweils eine regionale Führungsrolle anstreben. Mit 129 Milliarden US- Dollar weltweit liegt China hinter den USA auf Platz 2 der weltweiten Rüstungsausgaben – mit seit Jahren steigender Tendenz.

Der besorgniserregende Rüstungswettlauf zwischen den beiden kaukasischen Nachbarstaaten ließ Aserbaidschan auf Platz 8 in die Spitzengruppe der höchstmilitarisierten Zehn aufsteigen und Armenien immerhin auf Rang 23 rangieren. Beide Seiten forcieren laut BICC den Aufbau militärischer Kapazitäten und bedienen sich einer hitzigen diplomatischen Rhetorik, was Befürchtungen über ein militärisches Wiederaufflackern des langjährigen Konflikts um Nagorno-Karabach erwachen lässt. "Zur Eindämmung des Konflikts müssten Präventionsmaßnahmen verstärkt, Rüstungslieferungen gestoppt und Anstrengungen zur Abrüstung forciert werden", forderte Grebe.

Die Zentralafrikanische Republik (Rang 93), Mali (Rang 110) und Nigeria (Rang 117) verzeichnen niedrige Militarisierungsgrade. Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik und in Nigeria ist kritisch und zeugt von einer höchst instabilen Situation. Insbesondere Mali ist für das BICC ein Beispiel, "dass ein schwacher und unzureichend ausgestatteter Sicherheitsapparat die innere und äußere Sicherheit nicht garantieren kann". Die staatlichen Sicherheitskräfte seien weder in der Lage, die Aktivitäten der Rebellengruppe der Tuareg einzudämmen noch in ihren Operationsgebieten die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit wiederherzustellen, geschweige denn die Ausbreitung des Terrorismus zu verhindern.

"Diese Gemengelage deutet auf das paradox erscheinende Phänomen hin, dass manche staatliche Sicherheitsapparate nicht in der Lage sind, Gewalt und Konflikte zu verhindern, eben weil das betreffende Land eine (zu) niedrige Militarisierung zeigt", kommentierte Jan Grebe die Ergebnisse des GMI.

Der GMI stützt sich u.a. auf Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des BICC. Er wird jährlich durch das BICC aktualisiert.

www.bicc.de/our-work/gmi.html

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