gfbvGöttingen. - Europa soll den Wiederaufbau in Mali nach dem Krieg gegen radikale Islamisten nur finanziell fördern, wenn das Land die Menschenrechte beachtet und sich glaubwürdig um eine politische Lösung der Tuareg-Frage bemüht. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor Beginn einer Geberländerkonferenz der Europäischen Union und Frankreichs gefordert, die am Mittwoch in Paris stattfindet.

"Noch zeigt Malis Regierung wenig Bereitschaft zu einem zielführenden Dialog mit den Tuareg", kritisierte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Doch wenn es keine politische Lösung des Tuareg-Konflikts gibt, wird auch Nord-Mali nicht sicher werden." So wären auch europäische Entwicklungsprojekte gefährdet. Malis Regierung erhofft sich von der Pariser Konferenz Hilfen in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro.

Die Regierung Malis setze weiterhin auf eine militärische Lösung der Tuareg-Frage, erklärte die GfbV. Nur auf Druck der französischen Regierung sei ein Komitee zur nationalen Versöhnung gegründet worden. Auch vier Monate nach Beginn der französischen Militärintervention sei die Menschenrechtslage in Nord-Mali noch immer prekär. Mehr als 340 gewaltsame Todesfälle von Tuareg und Arabern seien nicht aufgeklärt. Mindestens 195 Zivilisten seien aus politischen Gründen verhaftet oder verschleppt worden, von den meisten fehle bis heute jedes Lebenszeichen. Auch im nicht umkämpften Süden des Landes stehe es schlecht um Menschenrechte. So werde die Pressefreiheit immer wieder verletzt und zehntausende Kleinbauern hätten unter den Folgen von Landraub zu leiden. Korruption und Machtmissbrauch schürten die Landrechtsauseinandersetzungen.

"Die Europäische Union scheint bereit zu sein, all diese Missstände zu ignorieren, solange Mali an den für Juli 2013 geplanten Präsidentschaftswahlen festhält", sagte Delius. "Doch nichts deutet darauf hin, dass ein neuer Präsident wirksam Korruption und Machtmissbrauch bekämpft und Menschenrechte beachtet."

"Bei allen Wiederaufbau-Maßnahmen muss die Hilfe bei der Rückkehr und Wiedereingliederung der 440.000 vor dem Krieg aus Nord-Mali geflohenen Tuareg, Arabern und anderen Bevölkerungsgruppen im Vordergrund stehen", forderte Delius. Rund 270.000 Menschen lebten als Binnenflüchtlinge im Süden des Landes, während 170.000 in den Nachbarländern auf eine Rückkehr warteten. Allein in Mauretanien harrten 74.000 Flüchtlinge aus und hofften auf ein Ende von Kämpfen und Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat.

Dringend mehr medizinische und psychologische Betreuung benötigen nach Angaben der GfbV die rund 2.800 während des Krieges vergewaltigten Frauen. Auch Malis Justiz müsse massiv gestärkt werden, um die von allen Konfliktparteien im Norden des Landes begangenen Menschenrechtsverletzungen in fairen Gerichtsverfahren aufarbeiten zu können. Großer Bedarf bestehe auch an Projekten zur Förderung der Versöhnung zwischen den verfeindeten Bevölkerungsgruppen in Nord-Mali. 

www.gfbv.de

 


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