iloGenf. - Trotz einer langsamen Erholung der Weltwirtschaft von der Finanzkrise wird die Zahl der Arbeitslosen auf der Welt von derzeit knapp über 200 Millionen auf 208 Millionen im Jahr 2015 ansteigen. Das zeigt der neue Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Welt der Arbeit 2013.

In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern nimmt dabei dank der verbesserten globalen Wirtschaftslage die Beschäftigung zu. Trotz leicht abnehmender Ungleichheit bleibt aber die Kluft zwischen Armen und Reichen nach Angaben der ILO in den meisten dieser Länder groß. Vielen Familien, die es gerade über die Armutsschwelle geschafft haben, droht wieder der Rückfall in die Armut.

In den Industrieländern dagegen hat sich die Einkommensungleichheit in den vergangenen zwei Jahren vergrößert. Zwischen 2010 und 2011 nahm die Ungleichheit laut ILO in 14 von 26 untersuchten Industrieländern zu, darunter Frankreich, Dänemark, Spanien und die Vereinigten Staaten. In sieben weiteren Ländern war die Ungleichheit immer noch größer als vor Ausbruch der Finanzkrise.

"Die aktuellen Erhebungen zeigen eine positive Entwicklung in vielen Entwicklungsländern, malen aber zugleich – der wirtschaftlichen Erholung zum Trotz – ein düsteres Bild der Lage in den reichen Ländern", sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder bei der Vorstellung des Berichts am Montag in Genf. "Insbesondere in einigen europäischen Ländern gerät das wirtschaftliche und soziale Gefüge in Gefahr."

Nötig seien Strategien zur globalen Wirtschaftsbelebung, die sich auf die Förderung von Arbeitsplätzen und produktiven Investitionen konzentrieren, ergänzt durch einen besseren sozialen Schutz für die ärmsten und verwundbarsten Bevölkerungsgruppen. "Und wir müssen uns ernsthaft mit der Frage beschäftigen, wie wir die wachsende Ungleichheit in so vielen Regionen der Welt bekämpfen können", so Ryder.

Der Bericht weist darauf hin, dass in vielen Industrieländern, darunter auch Deutschland, die Mittelschicht schrumpft. Zu den Gründen dafür gehören der ILO zufolge Langzeitarbeitslosigkeit, die geringere Qualität der Beschäftigungsverhältnisse und die Tatsache, dass immer mehr Menschen ganz aus dem Arbeitsmarkt herausfallen. Im Gegensatz dazu hätten in vielen dieser Länder die Managerbezüge nach einer gewissen Pause infolge der Finanzkrise wieder stark zugelegt.

In Spanien etwa machte die Schicht mit mittlerem Einkommen 2007 noch 50 Prozent der Bevölkerung aus; Ende 2010 waren es nur noch 46 Prozent. In den USA wiederum ist das Vermögen der reichsten sieben Prozent der Bevölkerung innerhalb der ersten zwei Jahre der konjunkturellen Erholung von 2009 bis 2011 von 56 auf 63 Prozent gestiegen. Das Vermögen der restlichen 93 Prozent der Amerikaner verringerte sich.

"Das Schrumpfen der Mittelschicht in Industrieländern ist nicht nur für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einer Besorgnis erregende Entwicklung, sondern auch aus ökonomischen Gründen", erklärte der Leiter des ILO-Instituts für Arbeitsmarktstudien, Raymond Torres. "Unternehmen machen langfristige Investitionsentscheidungen schließlich auch davon abhängig, wo es eine stabile Mittelschicht gibt, die als Konsumenten zur Verfügung steht." Dringend nötig für eine gerechtere Verteilung sei die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen.

In Deutschland ist die Arbeitslosenrate eine der niedrigsten in der ganzen EU. Dennoch wächst auch hier  die Kluft zwischen Gut- und Geringverdienern, so die ILO in einem eigenen Kurzreport über Deutschland. Auch gehe die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht in ausreichendem Maß mit Verbesserungen ihrer Qualität einher. So habe in den vergangenen Jahren die Häufigkeit von Leiharbeit und unfreiwilliger Teilzeitarbeit zugenommen. Der Niedriglohnsektor sei trotz rückläufiger Arbeitslosigkeit nicht geschrumpft.

World of Work Report 2013: "Repairing the economic and social fabric"
www.ilo.org/berlin

 


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