KolibrisQuito. - Ecuador verzichtet auf die Förderung von rund 900 Millionen Tonnen Erdöl im Yasuní-Nationalpark, wenn die internationale Staatengemeinschaft die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen erstattet. Diesen Deal hatte Ecuadors Präsident Rafael Correa vorgeschlagen. Jetzt erklärte er die Yasuní-ITT-Initiative für gescheitert. Das deutsche Entwicklungsministerium kritisierte das Aus - und Indios kündigten Widerstand an.

Correa hatte am Donnerstag Abend in einer landesweit übertragenen Ansprache die Yasuní-ITT-Initiative für beendet erklärt. Die internationale Gemeinschaft und "die Weltmächte, die auch die größten Verschmutzer des Planeten sind", hätten es nicht vermocht, die Mitverantwortung für den Erhalt des Parque Nacional Yasuní, der als einer der Orte mit der größten Artenvielfalt weltweit gilt, zu übernehmen. Damit sei die Voraussetzung für die Realisierung entfallen, sagte Correa, der von einer der schwersten Entscheidungen seiner Regierung sprach. "Die Welt hat uns im Stich gelassen", sagte Correa.

Mit der Initiative Ecuadors wären laut Klima-Bündnis rund 410 Milliarden Tonnen CO2 eingespart worden. Der Lebensraum mehrerer indigener Völker, etwa der isoliert lebenden Nomadenvölker Tagaeri und Taroemanane, wäre intakt geblieben. Der Yasuní-Nationalpark ist eine der artenreichsten Regenwaldregionen der Welt und wurde von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt. Er würde durch die Ölförderung unwiederbringlich zerstört.

Bei insgesamt 2.274 Baum- und Buscharten finden sich in diesem Park auf einem einzigen Hektar 665 Arten - mehr als alle einheimischen Baumarten der Vereinigten Staaten und Kanadas zusammen genommen. Man hat zudem 593 Vogelarten registriert, sodass der Park auch in dieser Hinsicht zu den artenreichsten Orten der Welt gehört. Es gibt außerdem 80 Fledermausarten, 150 Amphibien und 121 Reptilienarten, sowie mehr als 4000 verschiedene Gefäßpflanzen pro 1.000.000 Hektar. Nirgendwo sonst auf dem Planeten gibt es mehr Insektenarten als hier.  In der Flora und Fauna gibt es zudem einen hohen Anteil endemischer Arten.

KRITIK VOM BMZ   

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Gudrun Kopp, kritisierte die Entscheidung: "Die ecuadorianische Regierung muss ihrer eigenen Verantwortung gerecht werden, dieses einzigartige Gebiet zu schützen."

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hatte sich geweigert, die Yasuní-Initiative über einen Treuhandfonds zu unterstützen und stattdessen mit Ecuador im vergangenen Jahr ein Unterstützungskonzept vereinbaren lassen. "Mit diesem gemeinsamen Konzept, das vollen allen Seiten größte Anerkennung erhielt, sollen messbare Erfolge erreicht werden", so Kopp. Es sei "völlig unverständlich und ärgerlich, dass Präsident Correa offenbar mit der Absicht zur Ölförderung unsere getroffene Vereinbarung jetzt in Frage stellt und offenbar eine Doppelstrategie verfolgt. Wir wollen Gestalten und nicht Unterlassen belohnen. Wie passen Ölförderung und Schutz der Biodiversität und indigener Bevölkerung zusammen? Die ecuadorianische Regierung wird sich zu dieser Doppelstrategie gegenüber dem BMZ jetzt erklären müssen."

Bei den deutsch-ecuadorianischen Regierungsverhandlungen im Oktober 2012 war vereinbart worden, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Projekte für die Biodiversität und die indigene Bevölkerung im Yasuní-Gebiet umsetzt. Für diese Vorhaben waren laut BMZ 34,5 Millionen Euro vorgesehen. Teil der Vereinbarung ist, dass die Erweiterung der deutschen Zusammenarbeit auf das Biosphärenreservat Yasuní ein Engagement seitens der ecuadorianischen Regierung zum Schutz der Artenvielfalt und der indigenen Völker der Region voraussetzt.

BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz hatte die Regierung Ecuadors im Februar in Quito noch gelobt: "Ecuador hat bereits erhebliche Anstrengungen zum Schutz der Wälder und Biodiversität unternommen. 22 Prozent seiner Landesfläche stehen unter Schutz, und damit fast doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Die Rechte der Natur wurden in der ecuadorianischen Verfassung verankert und die Bedeutung des Umwelt- und Ressourcenschutz sowohl politisch als auch finanziell deutlich gestärkt."

INDIOS WOLLEN WIDERSTAND LEISTEN

Die Ureinwohner Ecuadors kündigten ihren Widerstand gegen Ölbohrungen im Nationalpark Yasuní an. Den 27. August haben sie Medienberichten zufolge zum "Tag der nationalen Mobilisierung" erklärt, um gegen die Kriminalisierung der sozialen Proteste und die Ausbeutung der Rohstoffe zu demonstrieren. Das Parlament soll nun über Bohrungen in dem Gebiet entscheiden.

Ute Koczy, Sprecherin für Entwicklungspolitik der Grünen im Bundestag, nannte den Beschluss "eine bittere Enttäuschung". "Der Hoffnungsträger Correa kapituliert vor dem Druck der Ölindustrie." Große Mitschuld trage die internationale Gemeinschaft, so Koczy, die keine Anstrengungen gezeigt habe, die Initiative zum Erfolg und zum weltweiten Beispiel werden zu lassen. "Deutschland war unter Minister Dirk Niebel nicht bereit, hier international für diese Initiative voran zu gehen. Am Ende fehlte das Geld, weil die finanziellen Zusagen nicht eintrafen. Selbst wenn Deutschland jetzt immerhin bereit ist, Mittel für die Biosphäre Yasuní auszugeben, schützt dies nicht vor der Ölförderung im Amazonas."

Ecuadors Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado, gab der schwarz-gelben Bundesregierung nach einem Bericht des Nachrichtenportals amerika21.de eine Mitschuld am Scheitern der Umweltschutzinitiative Yasuní-ITT: "Sehr viele Länder haben auf das Urteil der deutschen Regierung gewartet, um eine eigene Entscheidung zur Beteiligung an der Yasuní-ITT-Initiative zu treffen", sagte er. Angesichts dessen sei das Signal aus Deutschland "äußerst negativ" gewesen: "Das hatte damals schon eine sehr negative Bedeutung für die weitere Entwicklung dieses Vorhabens." Jurado bezog sich damit auf die Entscheidung der schwarz-gelben Bundesregierung, eine Zusage der Vorgänger-Regierung zur Unterstützung des Projektes wieder zurückzunehmen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Yasuni

 


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