GermanwatchDüsseldorf (epo). - Die entwicklungspolitische Nord-Süd-Initiative Germanwatch hat mit einer Fachtagung im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf das Dialogprojekt "Süßer Sprengstoff für die entwicklungspolitische und ökologische Debatte" gestartet. Mehr als 50 Fachleute, Politiker und Wissenschaftler diskutierten über die Reform der EU-Zuckermarktordnung, deren Folgen für Zuckerbauern in Europa und den Ländern des Südens und darüber, wie die Zuckerpolitik sozial und ökologisch nachhaltig gestaltet werden kann.

Erstmals führten Botschafter von Entwicklungsländern, Vertreter von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, von Rübenbauern und der Zuckerindustrie, von Landes- und Bundesregierung, der EU-Kommission und der UN-Milleniumskampagne, Bundes-, Landes- und EU-Politiker, Gewerkschafter sowie Umwelt- und Agrarwissenschaftler gemeinsam einen solchen Dialog zur Zuckerpolitik.

"Die Stimmung war sehr offen und konstruktiv, wir sind hoch zufrieden", zog Projektleiterin Kerstin Lanje von Germanwatch Bilanz. "Es besteht von allen Teilnehmenden ein großes Interesse, weiter zusammenzuarbeiten. Deutlich wurde, dass nachhaltige Lösungen für das Thema Zuckerpolitik nur mit allen Akteuren gemeinsam entwickelt werden können. Mit der Tagung sind wir einem der Hauptziele unseres Projektes einen ersten Schritt näher gekommen: dem Dialog zwischen allen Betroffenen und Gruppierungen, die zu einer nachhaltigen, gerechten Zuckerpolitik beitragen können."

Ein wichtiges Diskussionsthema der Tagung war die Überproduktion von Zucker in der EU. Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, EU-Parlamentarier und Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL), kritisierte: "Die Zuckermarktordnung ist von der Zuckerwirtschaft pervertiert worden. Es wurde faktisch Dumping betrieben. Wir haben 4 bis 6 Millionen Tonnen Überproduktion in der EU, das ist ein Mengen- und kein Preisproblem. Der Vorschlag der EU-Kommission setzt aber beim Preis an und nicht an der Menge." Der nordhreinwestfälische Landwirtschafts- und Umweltminister Eckhard Uhlenberg stimmte zu: "Die EU muss die Zuckerproduktion massiv einschränken."

Ein weiterer Diskussionsschwerpunkt waren alternative Verwendungsmöglichkeiten von Zucker - beispielsweise zur Herstellung von Bioethanol - und alternative Anbaumöglichkeiten für die Landwirte. Generell ging es um die Frage, wie Flächen genutzt werden und wie verantwortlich damit umgegangen werden soll. "Wir müssen uns entscheiden, ob die Flächen mit Soja als Viehfutter, Getreide für die Biospritproduktion oder für den Anbau von Nahrungsmitteln gebraucht werden sollen", so Stefan Bringezu vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Auch Fragen der Gerechtigkeit und der Solidarität mit den Menschen in den Entwicklungsländern wurden diskutiert.

Ziel des Dialogprozesses ist die gemeinsame Erarbeitung einer tragfähigen, entwicklungs-, umwelt- und agrarpolitisch nachhaltigen Position zur Reform der Zuckermarktordnung, die in die Verhandlungen eingebracht und den politischen Reformprozess begleiten soll. Bis zum Projektende im August 2006 sollen verschiedene Studien erstellt werden und weitere Dialogrunden stattfinden. Das Projekt wird von der Nordrhein-Westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung finanziert.

? Germanwatch


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