rog logo neuBerlin. - Anlässlich des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und Usbekistan hat Reporter ohne Grenzen am Freitag in Berlin deutsche und europäische Politiker aufgefordert, vehementer als bisher gegen die Verfolgung unabhängiger Journalisten in dem zentralasiatischen Land zu protestieren. "In Usbekistan existieren praktisch keine unabhängigen Medien, mindestens neun Journalisten sitzen zum Teil unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis", erklärte die Hilfsorganisation.

"Die EU verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie auf Dialog und Kooperation mit einer derart repressiven Regierung setzt, ohne sich nachdrücklich für die Rechte der Menschen in Usbekistan einzusetzen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Dass der Menschenrechtsdialog mit Usbekistan hinter verschlossenen Türen stattfindet und die Öffentlichkeit kaum darüber informiert wird, beobachten wir mit Befremden." Deutschland trage dabei eine besondere Verantwortung, so ROG.

Seit Juni 2012 ist die deutsche Diplomatin Patricia Flor EU-Sonderbeauftragte für Zentralasien. Die EU-Zentralasienstrategie "Partnerschaft für die Zukunft" wurde 2007 auf Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hin beschlossen.

"Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan deutlicher anspricht", so ROG-Geschäftsführer Mihr. Im Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der EU habe sich Usbekistan 1999 nicht nur zu den Menschenrechten und demokratischen Prinzipien bekannt, sondern auch zugesichert, "die Entwicklung neuer Medien zu unterstützen" (Art. 64). "Wenn Deutschland ein ernstzunehmender Akteur in der internationalen Menschenrechtspolitik bleiben will, muss es darauf bestehen, dass Usbekistan diese Verpflichtungen einhält", fordert Christian Mihr.

Usbekistan steht auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 164 von 179 Staaten, im GUS-Raum ist die Situation nur im Nachbarstaat Turkmenistan noch schlechter (http://bit.ly/19RCIU9). Präsident Islam Karimow zählt laut ROG zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Unabhängige Zeitungen oder Rundfunksender existierten in Usbekistan nicht, Kontakte ins Ausland würden so gut es geht verhindert. So dürften Journalisten staatlicher Medien nur nach Erlaubnis der Regierung mit ausländischen Diplomaten sprechen. Seit Oktober 2012 kontrolliere eine dem Präsidenten unterstellte Behörde für Kommunikation und Information, ob sich Medien an dessen Vorgaben für die Berichterstattung halten.

Auch die Zensur des Internets, so ROG weiter, habe das usbekische Regime erheblich verschärft. Seiten internationaler Menschenrechtsorganisationen seien ebenso wenig zugänglich wie kritische Nachrichtenportale, die aus dem Exil über Usbekistan berichten (uznews.net, fergananews.com, uzmetronom.com). Auch der Zugang zu Software, mit der sich Internetzensur umgehen lässt (Proxyserver, Virtual Private Networks), sei oft blockiert. Wer sich in sozialen Netzwerken kritisch äußere, könne anhand seiner IP-Adresse identifiziert und zum Verhör vorgeladen werden. Usbekische Internet Service Provider und Mobilfunkanbieter seien angehalten die Behörden zu informieren, wenn gehäuft "verdächtige" Nachrichten zirkulieren. Im Extremfall könnten sie vom Staat aufgefordert werden, ihre Netzwerke abzuschalten.

Reporter ohne Grenzen forderte die EU auf, sich für die Freilassung der neun Journalisten einzusetzen, die in Usbekistan wegen ihrer Arbeit in Haft sind. Die meisten von ihnen sitzen laut ROG nach fingierten Gerichtsprozessen wegen angeblichem Handel mit Drogen, Terrorismus oder Beleidigung der Nation im Gefängnis, wo sie unter katastrophalen hygienischen Zuständen und teilweise unter Folter leiden.

Besorgt ist ROG vor allem um den 63-jährigen Solidschon Abdurachmanow, der seit 2008 im Gefängnis sitzt und schwer erkrankt ist (http://bit.ly/11NBRvp). Zwei weitere Journalisten, Jusuf Rusimuradow und Mohammed Bekjanow von der Oppositionszeitung Erk, sitzen seit mehr als 14 Jahren im Gefängnis und gehören damit zu den am längsten inhaftierten Journalisten auf der Welt.

www.reporter-ohne-grenzen.de

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