WSISGenf (epo). - Sechs Wochen vor Beginn des zweiten UN-Gipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) sind wichtige Fragen nach wie vor ungeklärt. Die letzte Vorbereitungskonferenz (PrepCom 3) in Genf liess offen, wie die künftige Verwaltung des Internet geregelt sein soll und wie Mittel aufgebracht werden können, um ärmere Entwicklungsländer in die Lage zu versezten, den technologischen Vorsprung der Industriestaaten aufzuholen.

Der Generalsekretär der Internationalen Telkommunikations-Union (ITU), Yoshio Utsumi, sprach dennoch von "guten Fortschritten", die die mehr als 1.350 Delegierten aus 130 Ländern bei der Vorbereitungskonferenz (19.-30. September) gemacht hätten. Die letzten ungeklärten Passagen der Gipfel-Erklärung müssten nun beim World Summit on the Information Society vom 16.-18. November in Tunis mit Inhalt gefüllt werden.

Wichtigster Konfliktpunkt ist nach die vor die Weigerung der US-Regierung, die zentrale Internetverwaltung (Root-Aufsicht) aus der Hand zu geben. Derzeit wird die zentrale Internet-Administration von der quasi privatwirtschaftlich agierenden Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)  ausgeübt, deren Aufsicht die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) der USA innehat. Vertreter der Zivilgesellschaft und von Staaten wie Brasilien und China sehen dies als eine Lösung, deren Wohl und Wehe von den Vereinigten Staaten abhängt und die der weiteren Kommerzialisierung und marktwirtschaftlichen Verwertung durch Großkonzerne Vorschub leistet.

Die meisten Länder wollten eine Demokratisierung bei der "Internet Governance", sagte Utsumi. Die ITU war als Internet-Aufsicht vorgeschlagen worden, doch konnte darüber keine Einigung erzielt werden. Die Europäische Union hatte sich in der letzten Phase der PrepCom 3 gegen die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelung ausgesprochen und im Lager der USA damit für Verärgerung gesorgt. Man sei sehr enttäuscht von den Europäern, sagte US-Botschafter David Gross in Genf.

In den Arbeitsgruppen zu Finanzfragen und zu einem Follow-up-Mechanismus für den Gipfel, aber auch bei Problemen wie der Bekämpfung von Spam und Internet-Kriminalität seien zwar Annäherungen erzielt worden, doch gebe es noch keine befriedigende Lösung, vermeldeten Teilnehmer der Arbeitsgruppen. Die Finanz- und Implementierungsfragen sollen im Laufe des Oktober in Genf noch einmal besprochen werden.

Die PrepCom 3 in Genf sollte die entscheidenden Weichen für die zweite Phase des Weltgipfels der Informationsgesellschaft stellen und ein Abschlussdokument ausarbeiten. Die erste Phase hatte vom 10.-12. Dezember 2003 in Genf stattgefunden.

Der WSIS soll zu einem gemeinsamen Verständnis der Informationsgesellschaft in Nord und Süd beitragen, die "Informationsarmut" in vielen Entwicklungsländern beseitigen helfen und so zu mehr Chancengleichheit in einer globalisierten Welt führen.

Am Weltgipfel der Informationsgesellschaft in Tunis werden nach den Worten Utsumis mehr als 40 Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Die ITU hatte im Vorfeld die Initiative "Connect the World" ins Leben gerufen, die bis zum Jahr 2015 dafür sorgen soll, das möglichst alle Kommunen "mit den derzeit verfügbaren Mitteln" untereinander kommunizieren können.

Die Vereinten Nationen versprechen sich hiervon einen höheren Lebensstandard für die Armen. Die ITU schätzt, dass nach wie vor rund 30 Prozent der Kommunen weltweit - rund 800.000 - noch nicht über eine Telefonverbindung, einen Internet-Anschluss oder andere moderne Informations- und Kommunikationsmittel verfügen.

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