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Paris/Berlin (epo.de). - Die 22 Mitglieder des OECD-Entwicklungsausschusses (DAC), in dem die wichtigsten Geberländer der Welt vereint sind, haben im Jahr 2007 Öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) in Höhe von 103,7 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Der Rückgang der Hilfen um 8,4 Prozent spiegele das Ende der außergewöhnlich hohen Schuldenerlasse für den Irak und Nigeria wieder, erklärte der DAC. Die Zahlen für das Jahr 2007 stießen bei vielen nichtstaatlichen Organisationen auf Kritik.

"Insgesamt sind die meisten Geberländer nicht auf dem Weg, ihre Zusagen für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe zu erfüllen und müssen in bislang unerreichtem Maße ihre Leistungen erhöhen, um die Ziele zu erreichen, die sie sich bis 2010 gesteckt haben", stellte das Berliner Büro der OECD fest. Oxfam kritisierte: "Die weltweiten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit sind im zweiten Jahr in Folge drastisch gesunken: 2005/06 um 5,1 Prozent und 2006/07 um 8,4 Prozent. Die reichen Länder haben versprochen, bis zum Jahr 2015 die extreme Armut zu halbieren. Wenn sie weiterhin so wenig für die Entwicklungszusammenarbeit tun, kann dieses Ziel nicht erreicht werden", sagte Oxfam-Berater Reinhard Hermle. "Für Millionen von Menschen bedeutet dies weiteres Leiden und Sterben."

"MOGELPACKUNG"

"Die so genannte Official Development Assistance (ODA) stieg in Deutschland von 0,36 Prozent (2006) auf 0,37 Prozent (2007). Doch in diesen Zahlen sind weiterhin auch Schuldenerlasse mit einem Anteil von 0,09 Prozent-Punkten enthalten", erklärte erlassjahr.de. "Damit bleibt die Berechnung der ODA-Quote eine Mogelpackung", kritisierte Jürgen Kaiser, politischer Koordinator bei der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisation.

"Die grundsätzliche Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit durch die Bundesregierung ist zu begrüßen, doch sie zeigt nur die halbe Wahrheit. Bereits im nächsten Jahr wird die deutsche ODA-Quote deutlich abfallen, wenn nach dem Schuldenerlass für Nigeria auch der für den Irak aus der Berechnung herausfällt", warnte Kaiser.

Die Bundesregierung hatte sich verpflichtet, die ODA-Quote bis 2010 auf 0,51 Prozent zu steigern. "Dieses Ziel ist mit den derzeitigen Erhöhungen der Finanzmittel nicht zu erreichen. Die Anrechnung der Schuldenerlasse ist zudem keine echte Entwicklungshilfe, denn es fließen keine zusätzlichen Gelder, z.B. zur Armutsbekämpfung, in die verschuldeten Länder", so Kaiser.

DEUTSCHE ODA-STEIGERUNG EIN STROHFEUER

Den Rückgang der ODA auf 103,7 Milliarden Dollar im Jahr 2007 gegenüber 104,4 Mrd. (2006) und 107,1 Mrd. Dollar (2005) beklagten auch terre des hommes und die Welthungerhilfe: ""Der Rückgang der weltweiten Entwicklungshilfe ist ein herber Rückschlag bei der Bekämpfung von Hunger und Armut und eine schlechte Nachricht für die Milliarde Menschen, die täglich von weniger als einem Dollar leben müssen", sagte Peter Mucke, Geschäftsführender Vorstand von terre des hommes. "Unter Berücksichtigung von Inflations- und Wechselkursveränderungen ist die weltweite Entwicklungshilfe 2007 um 8,4 Prozent gesunken. Das ist ein Skandal."

Auch den Anstieg der deutschen ODA-Leistungen sehen terre des hommes und die Welthungerhilfe mit Skepsis: "Die positiven Entwicklungshilfezahlen dürfen für die Bundesregierung kein Grund sein, die Hände zufrieden in den Schoß zu legen. Denn in der deutschen Entwicklungshilfe wird der Strohfeuereffekt durch die Anrechnung der Schuldenerlasse voraussichtlich schon 2008 wegfallen", sagte Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Welthungerhilfe. "Die Bundesregierung ist gefordert, die für 2010 vereinbarte Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,51 Prozent des Bruttoinlandeinkommens durch die Vorlage eines verbindlichen Stufenplans zu verwirklichen."

Tobias Kahler, Direktor von DATA Deutschland, erklärte zu den DAC-Zahlen, sie zeigten den "positiven Weg, den Angela Merkel eingeschlagen hat. Sie bestärken aber unsere Auffassung, dass Deutschland seine Anstrengungen auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) erhöhen muss. Deutschland hat sich selbst bis 2010 aus guten Gründen zu einer Erhöhung seines Beitrags auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens verpflichtet. Die neuesten Zahlen zeigen einen leichten Anstieg. Gemessen an der Wirtschaftsleistung wird Deutschland seiner internationalen Rolle damit aber noch nicht gerecht."

Für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen forderten die entwicklungspolitische Sprecherin Ute Koczy und der Leiter der AG Globalisierung, Thilo Hoppe, die Bundesregierung müsse endlich den Weg für innovative Finanzierungsinstrumente freimachen, um das vereinbarte 0,7 Prozent Ziel erreichen zu können. "Flugticketabgabe, Kerosin- und Devisenumsatzsteuer (Tobin-Tax) können dazu beitragen, dass zusätzliche Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit, die humanitäre Hilfe, die Bekämpfung von HIV-Aids und für den Klimaschutz langfristig zur Verfügung stehen, um die großen globalen Herausforderungen zu bewältigen."

"Deutschland hat sich verpflichtet, im Jahr 2010 mindestens 0,51 Prozent seines Bruttonationaleinkommens als Entwicklungshilfe zu zahlen und im Jahr 2015 den Beitrag auf 0,7 Prozent weiter zu erhöhen", erklärte Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). "Bislang ist völlig unklar, wie das gelingen soll!" Bähr fordere die Bundesregierung auf, "die Mittel zur Erfüllung des EU-Stufenplans bereitzustellen und sich stärker für die Einhaltung der Millennium-Entwicklungsziele bis 2015 einzusetzen."

ODA-QUOTE FÄLLT AUF 0,28 PROZENT

Gemessen am Anteil am Bruttonationaleinkommen der OECD-Staate fiel die Öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) im Jahr 2007 auf 0,28 Prozent - gegenüber 0,31% im Jahr 2006. Die einzigen Länder, die das 0,7 Prozent Ziel der Vereinten Nationen erreichen, sind laut DAC Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen und Schweden.

Die USA sind mit 21,8 Mrd. Dollar in absoluten Zahlen zwar der größte Geber, gemessen an der Wirtschaftsleistung kommt die reichste Nation der Erde aber nur auf eine ODA-Quote von 0,16%. Allein auf die beiden "Frontstaaten" Irak und Afghanistan entfallen 5,3 Mrd. Dollar der 21,8 Mrd. "development aid" - also knapp ein Viertel.

Alles in allem konstatiert der DAC der OECD:

"At the Gleneagles G8 and UN Millennium +5 summits in 2005, donors committed to increase their aid.  The pledges made at these summits, combined  with other commitments, implied lifting aid from USD 80 billion in 2004 to USD 130 billion in 2010 (at constant 2004 prices).  While a few countries have slightly reduced their targets since 2005, the majority of these commitments remain in force.   Chart 2 shows the history of ODA levels since 1990 and the steep increase still required for donors' current, somewhat reduced, commitments to be met.  Chart 3 gives a simplified view of progress since 2004, compared with the original 2005 targets for ODA in 2010.  This chart shows that ODA has only risen at half the rate required to meet the original targets.
 
Overall, most donors are not on track to meet their stated commitments to scale up aid; they will need to make unprecedented increases to meet their 2010 targets.  The OECD has completed the first comprehensive survey of donors' future spending plans to 2010 and the results will be published early in May. While the findings are still to be finalised, the preliminary conclusions that emerge are that donors have programmed around an additional USD 11 billion so far into their planned annual spending by 2010, on top of the extra USD 5 billion for country programmes that they delivered in 2005. This shows that efforts to increase aid are being factored into some donors' forward plans, but it still leaves about USD 34 billion in 2004 dollars - about USD 38 billion in 2007 dollars - to be programmed into donor budgets if the commitments made in 2005 to substantially increase aid by 2010 are to be fully met."

» www.oecd.org/dac
» www.oxfam.org
» www.erlassjahr.de
» www.welthungerhilfe.de
» www.tdh.de
» www.data.org
» www.weltbevoelkerung.de
» www.gruene-bundestag.de