unicef_neu_150Köln. - Ein Jahr nach dem Erdbeben vom 12. Januar 2010 ist die Lage der Kinder in Haiti weiter sehr unsicher. Fast zehn Prozent der vier Millionen Mädchen und Jungen in dem bitterarmen Karibikstaat sind durch die Katastrophe obdachlos geworden und leben noch immer in überfüllten Notlagern. Unzureichende staatliche Strukturen, politische Instabilität und eine schwere Choleraepidemie erschweren die Hilfe und den Wiederaufbau. Diese Fakten hat UNICEF in dem Report "Kinder in Haiti – Ein Jahr danach" zusammengefasst, der am Freitag veröffentlicht wurde.

"Trotz vieler Schwierigkeiten ist Haiti kein hoffnungsloser Fall. Die Haitianer haben in den Monaten nach der Katastrophe eine enorme Kraft bewiesen", sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, der das Land bereist hat. "Haiti ist wie ein Patient auf der Intensivstation. Wir können nicht erwarten, dass der schwer Kranke schon jetzt alleine läuft. Die Hilfe muss weitergehen."

Bereits vor dem Beben hatten UNICEF zufolge nur 19 Prozent der Haitianer Zugang zu sanitären Einrichtungen. Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser und mangelnde Hygiene übertragen werden, waren eine große Gefahr für Kinder. Die Katastrophe hat die Situation noch verschärft. Um die Seuchengefahr einzudämmen, hat UNICEF gemeinsam mit Partnern 11.300 Latrinenanlagen für 800.000 Menschen installiert und 90.000 Hygienesets an obdachlose Familien verteilt. UNICEF sorgt auch dafür, dass die sanitären Einrichtungen regelmäßig gereinigt werden.

In einem seiner größten Nothilfeeinsätze hat UNICEF nach eigenen Angaben bislang zusammen mit seinen Partnern hunderttausende Familien mit dem Nötigsten versorgt und wichtige Grundlagen für den langfristigen Wiederaufbau für Kinder gelegt. UNICEF koordiniert die humanitäre Hilfe in den Bereichen Wasserversorgung, Kinderernährung, Bildung und Kinderschutz. Seit dem 12. Januar 2010 wurden mit Hilfe von UNICEF fast zwei Millionen Kinder gegen die gefährlichsten Kinderkrankheiten geimpft und zeitweise rund 680.000 Menschen täglich mit sauberem Trinkwasser versorgt. 720.000 Kinder wurden mit Schulmaterial ausgestattet und rund 15.000 Lehrer geschult.

Das sichtbarste Zeichen für die anhaltende Not nach dem Erdbeben seien die rund eine Million Menschen, die weiter in überfüllten Notunterkünften leben, erklärte UNICEF. Die allermeisten von ihnen seien schon vor der Katastrophe sehr arm gewesen und hätten oft keine Arbeit gehabt. Es fehle an Platz und an Mitteln, um einfache Häuser zu bauen. Oft seien Eigentumsrechte für Land nicht geklärt. Immer noch behinderten große Mengen Schutt den Wiederaufbau. Auch Regierungsstellen und Hilfsorganisationen hätten bei dem Erdbeben viele Mitarbeiter verloren.

Die Choleraepidemie hat UNICEF zufolge den desolaten Zustand des staatlichen Gesundheitssystems offenbart. Armut und Ungleichheit seien im ganzen Land so groß, dass Verzweiflung und Wut sich jederzeit Bahn brechen könnten. Haiti sei jetzt in einer entscheidenden Phase. Der Übergang von der akuten Nothilfe zu langfristigen Wiederaufbaumaßnahmen müsse jetzt bewältigt werden. Über die unmittelbar durch das Erdbeben verursachten Notlagen hinaus müssten die tiefer liegenden Probleme in Haiti angegangen werden. So setze UNICEF alles daran, die Kapazität der Regierungsstellen, lokalen Verwaltungen und Institutionen bei der Bewältigung der enormen Herausforderungen für Kinder zu stärken.

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