somalia lage 150Berlin. - Um die Widerstandskraft der Bevölkerung in Somalia langfristig zu stärken, wollen sieben internationale Hilfsorganisationen bis 2016 einen umfangreichen Masterplan mit dem Projekttitel "Secure the Future" umsetzen. Dieser soll die Erwerbsgrundlage der Menschen sichern und die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen fördern.

Die nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) gaben dies am Montag bekannt. Anlass ist der UN-Welttag zur Bekämpfung der Wüstenbildung, der jährlich am 17. Juni begangen wird und seit 2010 daran erinnert, dass die Notwendigkeit, die Ausbreitung von Wüsten zu stoppen und sich auf Trockenperioden rechtzeitig einzustellen, für Millionen Menschen eine Frage von Leben und Tod ist. Wenn sie sich von ihrem Land nicht mehr ernähren können, flüchten sie oder verhungern.

"Hilfsorganisationen arbeiten seit vielen Jahren vor Ort", sagte Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision Deutschland. "Täglich sehen wir die Not der Menschen und insbesondere der Kinder. Es ist dringend geboten, in großem Umfang Entwicklung und Klimaanpassung zu unterstützen, um den Menschen wieder eine Zukunft zu geben. Durch Nothilfeprogramme werden  zwar Menschenleben gerettet, aber die Bevölkerung kommt aus der Katastrophenspirale nur heraus, wenn wir mit ihr für langfristige und nachhaltige Veränderungen sorgen."

Die Organisationen ACF, ADRA, CARE, COOPI, DRC, Oxfam und World Vision sind schon lange in unterschiedlichen Regionen in Somalia aktiv und wollen die Projektmaßnahmen in ihren jeweiligen Regionen umsetzen. Dabei unterstützt das Konsortium die aktive Beteiligung der Bevölkerung und lokaler Organisationen sowie die Vernetzung mit nationalen und internationalen Förderstrukturen. Auf diese Weise soll ein umfassender und nachhaltiger Projekterfolg erreicht werden. Im Fokus stehen Familien und Gemeinden, deren Lebensgrundlagen durch klimatische und politische Unsicherheiten besonders gefährdet sind.

Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland-Luxemburg, betonte: "Diese Projekt bündelt das Wissen und die Kräfte der sieben beteiligten Hilfsorganisationen und weiterer Partner. Solche Vorsorgemaßnahmen sind nachhaltiger als die akute Nothilfe, denn sie statten die somalischen Gemeinden mit den notwendigen Reserven aus, um Dürrezeiten zu überstehen."

Dürre und Gewalt haben in Somalia zwischen 2010 und 2012 rund 258.000 Menschenleben gefordert, berichten die NGOs. Somalias Nomaden und halbnomadisch lebende Kleinbauern konnten sich in der Vergangenheit schnell von Trockenperioden erholen. Seit fast 25 Jahren wird das ostafrikanische Land jedoch von politischen Auseinandersetzungen  erschüttert. In vielen Landesteilen kommt es auch heute noch zu heftigen Kämpfen und Anschlägen mit vielen Toten. Mindestens 1,2 Millionen Menschen befinden sich innerhalb des Landes auf der Flucht vor Gewalt und Terror. Sie können ihre Felder nicht bestellen und suchen Schutz in ruhigeren Landesteilen. Dort müssen sich immer mehr Menschen die knappen Ressourcen teilen. Armut begünstigt eine nicht nachhaltige Nutzung der Wasserquellen, Bäume und Weiden. Das Land verödet und die Menschen haben immer weniger Reserven, um die wiederkehrenden Dürren zu verkraften.

Zwischen 2010 und 2012 starben infolge der Kombination aus Hunger und Vertreibung rund 258.000 Somalis. Viele Überlebende haben sich vom Verlust ihrer Herden und Felder noch immer nicht erholt. Es mangelt ihnen auch an Bildungsangeboten, Einkommensalternativen und Unterstützung durch staatliche Strukturen. "Die Zivilbevölkerung in Somalia kann nicht mehr auf eine politische Lösung der Konflikte warten", erklärte Marion Lieser, Geschäftsführerin Oxfam Deutschland. "Es herrscht in weiten Teilen des Landes Hunger, der jetzt bekämpft werden muss. Das Projekt "Secure the Future" sichert die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort und arbeitet mit ihnen daran, diese auch in Dürre-und Krisenzeiten zu erhalten."

Nach dem Human Development Index der Vereinten Nationen steht das Land auf dem drittletzten Rang und gehört damit zu den ärmsten Ländern der Welt. Aktuell ist rund ein Drittel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen.

DAS PROJEKT "SECURE THE FUTURE"

Das von der schwedischen Regierung (SIDA) geförderte Projekt "Secure the future" wird von den Organisationen ACF, ADRA, CARE, COOPI, DRC, Oxfam und World Vision getragen. Drei Zielgruppen haben die Organisationen im Fokus: Hirtennomaden, halb sesshafte Familien und mittellose Familien in Stadtnähe. Die Zielregionen liegen in den derzeitigen Einsatzgebieten der Hilfsorganisationen in Süd- und Zentralsomalia, Somaliland und Puntland. Die Regionen Bakool und Lower Juba sollen dazu kommen, sobald ein Zugang möglich ist. Voraussetzung für die Durchführung von Aktivitäten sind ausreichende Sicherheit und Zugangsmöglichkeiten, sowie eine vorhandene logistische Infrastruktur.

Sechs Projektergebnisse werden laut einer Mitteilung der NGOs angestrebt: Zusätzliche Einkommensquellen sichern den Lebensunterhalt auch in Trockenzeiten; Existenzgrundlagen bleiben auch in Dürre- und Krisenzeiten erhalten; Familien und Gemeinden tragen zur Risikominderung bei; natürliche Ressourcen bleiben auch in Dürre- und Krisenzeiten erhalten; formelle und informelle Gruppen unterstützen den Aufbau von Resilienz; Projektergebnisse werden erarbeitet, veröffentlicht und verbreitet.

Die Hilfsorganisationen wollen die Bauern und Viehhalter dabei unterstützen, Marktstrategien zu entwickeln und sich zu landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaften zusammen zu schließen oder auch Spar- und  Kreditgruppen zu gründen. Die Bauern sollen außerdem lernen, dürreresistentes Saatgut einzusetzen und widerstandsfähige Nutztierrassen zu züchten, sowie Techniken zur Wasserspeicherung zu beherrschen. Um verödete Landstriche wieder fruchtbar zu machen, sollen die Bauern außerdem mit der FMNR-Methode (farmer managed natural regeneration) vertraut gemacht werden. Sie ist eine innovative, kostengünstige und schnelle Wiederaufforstungstechnik, die vorhandenes Wurzelwerk dazu nutzt, um Bäume und in der Folge einen Wald wieder wachsen zu lassen.

Die Arbeit des NGO-Konsortiums wird von einem Steuerungskomitee geführt, in dem alle Partner vertreten sind. World Vision Deutschland ist Vertragspartner der schwedischen Regierung und durch Fachreferentin Corinna Blume an der Koordination des Projekts beteiligt.

Warum die deutschen NGOs sich das Projekt von der schwedischen Entwicklungsagentur SIDA finanzieren lassen, offenbart eine Mitteilung des Weltfriedensdienstes vom Montag: Demnach will die deutsche Bundesregierung den Weltagrarbericht nicht unterzeichnen. Einen entsprechenden Antrag der Opposition habe der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) am 4. Juni mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD abgelehnt. Ein Vertreter der Linksfraktion sprach laut einem Bericht des Deutschen Bundestages von dem Eindruck, dass die Bundesregierung unter dem "Deckmantel der Hungerbekämpfung" vor allem neue Märkte erschließen wolle. Es dürfe nicht um den Export des westlichen Agrarmodells gehen, das etwa mit industriellen Saatgut und industriellen Düngemethoden Kleinbauern in die Abhängigkeit treibe.

Der Bericht des Weltagrarrates fordert eine "grundsätzliche Neuausrichtung von Agrarpolitik und Agrarforschung, welche die überragende Bedeutung der bäuerlichen Landwirtschaft für die Bekämpfung des Hungers anerkennt". Diese Position vertritt auch der Weltfriedensdienst, der mit Partnern in Westafrika und dem südlichen Afrika seit Jahren erfolgreich nachhaltige Landwirtschaft fördert – tausende Kleinbauern schützen die Ressourcen von denen sie leben, statt sie auszubeuten. Mit wirtschaftlichem Erfolg, z.B. in Senegal oder in Simbabwe.

 

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