dak-art logoDakar. - Nachdem Entwicklungspolitik Online Anfang Juni bereits das offizielle Programm der 11. Dak'Art, der Kunstbiennale von Dakar vorgestellt hat, bringen wir nun eine Übersicht über das umfangreiche Programm der sogenannten OFF-Biennale. Unter diesem Label finden sich eine Vielzahl von Präsentationen höchst unterschiedlicher Qualität, die nicht im Ausstellungskatalog vertreten sind, wohl aber im Ausstellungsprogramm erwähnt und auf der Website vorgestellt werden. Die Off-Biennale ist allein in Dakar selbst auf 200 Ausstellungsorte angeschwollen, und es ist unmöglich, selbst die besten dieser Orte alle sehen zu wollen. 

Bei einer solchen Vielfalt ist es notwendig, sich vorher im Programm zu informieren, denn dilettierende Kunstversuche sind ebenso wenig sehenswert wie die vielen Foyerausstellungen in Hotels oder den Galerie d'Art, die hauptsächlich Kunsthandwerk und touristischen Krimskrams verkaufen. Dazu werden zur Biennale noch ein paar gefällige Bilder aufgehängt, um an das begehrte Off-Banner zu kommen. 

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Deshalb beginnt der Rundgang mit dem bereits international bekannten Künstler Bill Kouélaney, der zuletzt eine große Präsenz auf der letzten Dokumenta in Kassel erhielt. Wie einige bekanntere Künstler Afrikas teilt er seinem Ruhm und hat in seinem Land die Ateliergemeinschaft SAHM gegründet. 19 Künstler hat er für diese Schau ausgesucht, um diese jungen Talente in einer großräumigen Halle im Stadtteil Sicap zu präsentieren. Sie stammen aus beiden Ländern Kongos und begeistert durch unkonventionelle Malerei, provokative Installationen und neuen Bildideen. altDoctrovée Bransimba (Kongo Brazzaville): Installation aus Scherben und farbigem Sand

Eine Entdeckung ist die italienische Künstlerin Maimuna Guerresi. Fünf ihrer großformatigen Fotos sind - nur durch eine Trennwand zu den kongolesischen Künstlern - zu bewundern. Nach der Heirat mit einem Senegalesen konvertierte sie zum Islam. Ihre neue Identität als Muslima bedeutete für sie auch in der Kunst einen Wendepunkt. Ihre großformatigen Fotos zeigen Szenerien von großer Isolation und latenter Gewalt, die in einer Art Stillleben mit Gaskanistern und Patronenhülsen gezeigt wird, während die Figuren seltsam starr in religiöser Inbrunst oder spiritueller Abwesenheit verharren. 

altDetail eines Fotos von Maimouna Guerresi

Ebenfalls lohnenswert sind die Werke von drei senegalesischen Künstlern direkt auf demselben Gelände, die mit den farbigen Wänden und der sparsamen Hängung ausgesprochen schön gestaltet ist. 

altCamara Gueye: Acryl, Kreide, Filzstiftzeichnung auf Leinwand

Auf Altbewährtes setzt die Galerie des Institut Francais Manege am unteren Ende des Plateaus mit dem Textilkünstler Abdoulaye Konaté aus Mali, der schon mehrfach prominent in Dakar ausgestellt wurde. Er verbindet traditionelle Textilmuster mit einer figurativ-politischen Bildsprache.

Im Flur des Ausbildungsbereichs des Institut Francais, hat der Kurator Diaouda Dia beeindruckende Papierarbeiten des Künstlers Le Kara aus Senegal zusammengestellt. 

altAbdoulaye Konaté: Wandteppich 

Eine ganz andere Kategorie von Kunst bietet das Atelier für Kunst-Therapie der psychiatrischen Abteilung des Hospitals Fann, die eine Kooperation von Patientenarbeiten mit Werken von Unterstützern namens RESCAP'ART zeigt. Diese Ausstellung lässt sich gut mit einem Besuch der IN-Biennale auf dem Campusgelände verbinden, da das Krankenhaus sich direkt neben dem Unigelände befindet. 

Für die Ausstellung fand sich leider nur das Restaurant für die Angestellten des Krankenhauses. Entsprechend abenteuerlich ist die Hängung der zahlreichen, teils großformatigen Bilder. Zusätzlich wird die Sicht noch durch den abgedunkelten Raum erschwert, den die Videoprojektion nötig macht. Diese zeigt einen von den Patienten gestalteten Film, der zur Eröffnung als große Wandprojektion gezeigt wird. Besonders berührend ist der Beginn des Films, in der mit eindrücklicher Stimme wiederholt wird: "Was ich sehe, ist eine Täuschung", bei der Bilder auftauchen, verwischen, sich auflösen und kaum verändert neu entstehen. Patienten erzählen vom Beginn ihrer Krankheit und bebildern dies mit einfachen Zeichnungen. Einige Szenen machen den großen Albdruck deutlich, unter dem viele Patienten leiden. Leider flacht der Film zusehends in eine Art Werbefilm für das Atelier der Kunsttherapie ab. Der Drang nach Öffentlichkeit hat hier offensichtlich das Drehbuch vorgegeben. Denn in Afrika sind Therapien für psychisch Kranke noch selten und bedürfen einer Sensibilisierung für die Möglichkeit der Heilung oder Linderung.

altPatientenarbeit von Tapha: Ohne Titel 

Gleich an zwei Orten Dakars wird Street Art gewürdigt (im Stadteil Biscuiterie und im Quartier Damels/Medina), die an vielen Orten in ganz West-Afrika sehr präsent ist und eine erstaunliche Qualität entfaltet. Hier wurde das Wandbild von Supimax (Institut Superieur des Arts et Metiers du Numérique, Institut für Kunst und Digitaltechnik). Die ‚echte' Street-Art ist aber oft viel künstlerischer und dabei oft technisch genauso versiert. Hier ein Beispiel, das sich durchaus mit zeitgenössischer Kunst messen lassen könnte und weder "Off" noch "In", sondern einfach nur da ist:

altStreet-Art auf dem Plateau, Dakar 

Einen Überblick über die professionelle, aber nicht mehr ganz junge Kunstszene von Dakar erhält man im Village des Arts, an der Ausfallstraße zum Flughafen, unweit vom Stadium Léopold Sédhar Senghor entfernt. Auf dem Gelände selbst vergisst man die Ödnis der vierspurigen Stadtautobahn draußen und taucht ein in eine kultige Atmosphäre von Saxophonklängen, ausrangierten Möbeln und halbfertigen Figurenensembles. Hier wurden 50 Ateliers gebaut, mit kleinen Gärten zwischen den Wegen, die teils von den Bildhauern als Arbeitsfläche genutzt werden. Ein Streifzug durch die Ateliers lohnt wenig, da die meisten Künstler entweder nur eingängige Touristenware ausstellen, um die Gelegenheit für Verkäufe zu nutzen oder tatsächlich nur solche herstellen. Die Galerie der Village des Arts am hinteren Teil des Geländes zeigt Besseres.

altBlick in die Ausstellung im Village des Arts, im Vordergrund die Installation von Daouda Nidiaye (Senegal)

Neben dem Village des Arts gibt's Werke von drei senegalesischen Möbeldesignern und einem Künstler aus Frankreich zu sehen. Ein Abstecher dorthin lohnt sich nur wegen des steilen Ausstellungsambientes, die Tiefgarage des CCS (Comptoir Central du Senegal). Großzügig verteilt finden sich dort sperrige Sitzmöbel mit ein paar erotischen Klischeebildern von schwarzen Frauenbildnissen des Malers Antoine Langong. Hoffentlich bleibt der spannende Ausstellungsort erhalten, um dort künftig Hochrangigeres zu präsentieren, das mit der unwirtlichen Kälte des Ortes eine interessante Liaison eingehen könnte.

Der Künstler mit dem langen Namen Pape Semba Oumar Diop konnte seine sehenswerte Installation im Innenhof des schicken Viertels Mermoz plazieren. Sein Thema ist nichts weniger als Tod und Geburt, die er auch zusammen mit 30 Fotos aus Krankenstationen von Neugeborenen und Sterbenden kombiniert hat. 

altPape Semba Oumar Diop: "Die Provokateure", Installation mit Fotos  

www.biennaledakar.org


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