Berlin. - Seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen im Jahr 1993 haben sich die Lufttemperaturen auf Spitzbergen im Jahresmittel um 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt erhöht. Insbesondere in den Wintermonaten Dezember, Januar und Februar sei die Erwärmung mit 3,4 Grad Celsius pro Dekade besonders ausgeprägt gewesen, teilten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der deutsch-französischen Forschungsbasis AWIPEV beim Besuch von Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) in Ny-Ãlesund auf Spitzbergen mit. Das AWIPEV ist eine Kooperation des Alfred-Wegener-Instituts und des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit dem französischen Polarinstitut Paul Ãmile Victor (IPEV).
"Nirgendwo sonst ist der Klimawandel so sichtbar wie in der Arktis. Dies macht die Bedeutung unseres Forschungsengagements deutlich", sagte Wanka. "Nur mit den Infrastrukturen, Mess-Stationen und internationalen Verbundvorhaben unserer leistungsfähigen Forschungseinrichtungen können wir die Daten erheben, die für unsere politischen Entscheidungen in der Klimapolitik Grundlage sind." Die Ministerin würdigte die Anstrengungen der Polarforscherinnen und -forscher unter extremen klimatischen Bedingungen.
"Der durch unsere langfristigen Messungen belegte Temperaturanstieg von 1,3 Grad Celsius pro Jahrzehnt bewirkt massive Umweltveränderungen in der Arktis. Unsere Forscherinnen und Forscher beobachten auf Spitzbergen, wie das schwindende Meereis und die schrumpfenden Gletscher die Landschaft und das Ökosystem verändern", kommentierte Karin Lochte, wissenschaftliche Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, die Forschungsergebnisse.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des AWI erläuterten der Ministerin während ihrer Reise die dramatischen Veränderungen der Meereisbedeckung in der nördlichen Polarregion. Die sommerliche Meereisbedeckung befinde sich in einem langjährigen Abwärtstrend. Aktuelle Projektionen mit Klimamodellen deuteten darauf hin, dass die Arktis ab Mitte des 21. Jahrhunderts während der Sommermonate weitestgehend eisfrei sein könnte.
Gleichzeitig zeigen die Temperaturaufzeichnungen der letzten Jahrzehnte: Die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie andere Regionen der Welt. Denn das komplexe Zusammenspiel von Ozean, Meereis und Atmosphäre führt zu Rückkopplungseffekten, welche die Erwärmung verstärken. Wissenschaftler sprechen von der sogenannten "Arctic Amplification". An der AWIPEV Forschungsbasis in Ny-Ã lesund werden seit dem Jahr 1993 atmosphärische Daten erfasst, aus denen sich die eingangs genannte, starke arktische Erwärmung ablesen lässt.
Zunächst klinge es paradox, so das BMBF, aber mit der Erwärmung der Arktis könnte sich die Häufigkeit kalter europäischer Winter erhöhen. Denn mit der Erwärmung scheinen sich auch die wetterbestimmenden Muster in der Atmosphäre und auf den Weltmeeren langfristig zu verändern. So gehörten zum Beispiel die Winter der Jahre 2009/2010 und 2012/2013 zu den kältesten in Mitteleuropa seit den 1960er Jahren. Die intensive Beobachtung und Erforschung atmosphärischer Veränderungen in der Arktis dienen deshalb auch dazu, die Wettervorhersage in mittleren Breiten zu verbessern.
Das BMBF kooperiert über das Alfred-Wegener-Institut und in der bilateralen Zusammenarbeit mit den arktischen Anrainern und anderen Staaten. Wichtige Partner sind hier Norwegen, Frankreich, Dänemark, Island, die USA, Japan, Kanada sowie Russland und China. "Die internationale Zusammenarbeit war und ist der Schlüssel, um die Zusammenhänge intensiv zu erforschen und besser zu verstehen. Deshalb wird Deutschland sein Engagement für die Polarforschung weiter verstärken", sagte Wanka. Auf ihrer Arktisreise besuchte die Bundesforschungsministerin neben der AWIPEV-Station weitere deutsche und internationale Forschungseinrichtungen auf dem von Norwegen verwalteten arktischen Inselarchipel.
=> Weiterführende Informationen unter: http://www.bmbf.de/de/8493.php
Quellen: www.awipev.eu | www.awi.de