Berlin. - Als "Armutszeugnis" hat Cornelia Füllkrug-Weitzel von Brot für die Welt das Ergebnis des Treffens der EU-Außen- und Entwicklungsminister kritisiert. Dass das reiche Europa sich von dem Ziel verabschiedet habe, in absehbarer Zeit 0,7 Prozent des Bruttonnationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, sei "das falsche Signal zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt".
Die Entscheidung werfe einen dunklen Schatten auf die kommenden Weltkonferenzen, die einer neuen globalen Entwicklungsagenda eigentlich einen ambitionierten Rahmen setzen sollten. Gerade im Vorfeld der Weltkonferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die im Juli in Addis Abeba stattfindet, sowie des darauf folgenden Gipfeltreffens in New York zur Verabschiedung neuer nachhaltiger Entwicklungsziele "ist der Beschluss der EU-Außen- und Entwicklungsminister kontraproduktiv, weil es den Erwartungslevel tief lege", sagte Füllkrug-Weitzel am Donnerstag in Berlin.
Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE , erklärte: "Gerade im Entwicklungsjahr 2015 haben die Entscheidungen der EU Signalwirkung. Die EU-Mitgliedsstaaten und allen voran Deutschland sollten nun eine Strategie mit einem konkreten Zeitplan vorlegen, wie eine ODA-Quote von 0,7 Prozent bis 2020 erreicht werden kann." Aktuell ist Deutschland von diesem Ziel noch weit entfernt. In ihrem aktuellen Eckwertebeschluss plant die Bundesregierung, die entsprechenden Mittel durchschnittlich um 780 Millionen Euro pro Jahr bis zum Jahr 2019 zu erhöhen. Alleine, um das 0,7-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2030 zu erreichen, wären jährliche Mehraufwendungen von 846 Millionen Euro notwendig.
Der Beschluss der EU-Außen- und Entwicklungsminister sei auch kontraproduktiv gegenüber einer Lösung der Flüchtlingssituation. Der Plan sei größere Anstrengungen zur Bekämpfung der Fluchtursachen zu unternehmen, statt ihnen in Europa Aufnahme zu gewähren, so Füllkrug-Weitzel. "Das Flüchtlingsthema wird Europa nicht verlassen, solange es Finanzen und Phantasie überwiegend in Abwehr- und Rückführungsmaßnahmen statt in die Herkunftsländer investiert."
Brot für die Welt erkennt an, dass die Bundesregierung beabsichtigt, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im nächsten Jahr um 1,28 Milliarden Euro zu erhöhen. Dies sei zwar ein großer Schritt in die richtige Richtung, aber von einem verbindlichen Zeitplan zur Erreichung des seit Jahrzehnten in jedem Koalitionsvertrag verankerten 0,7-Prozent-Ziels sei Deutschland so weit entfernt wie die gesamte EU.
Tabelle: DAC-Tabelle, OECD und Preliminary Release (April 2015)
=> ONE: Data Bericht 2015 - Die Ärmsten an erste Stelle setzen
Quellen: one.org | brot-fuer-die-welt.de