WSISTunis/Genf (epo).- Die US-Regierung beharrt weiterhin auf ihrer Monopolstellung als Aufsichtsbehörde für die Internet-Verwaltung. Wenige Tage vor Beginn des Weltinformformationsgipfels in Tunis (16.-18. November) haben sich Vertreter von Regierungsdelegationen im Prinzip darauf verständigt, ein internationales Forum für Fragen der Internet-Politik einzurichten. Die US-Delegation liess jedoch am Montag erkennen, dass ein derartiges Forum keine Entscheidungsbefugnisse haben dürfe. Eine internationalisierte Aufsicht über die Verwaltung der Nameserver (DNS) und der Internet Protokoll Adressen (IP) komme aber nicht in Frage.

Unter Leitung der kanadischen Delegation hatten sich die Verhandlungsführer am Sonntag darauf verständigt, ein Forum zur Netzpolitik zur Diskussion von Fragen über die Internet-Aufsicht einzurichten. SPIEGEL ONLINE hatte darüber hinaus berichtet, es lägen Informationen vor, "wonach die USA wichtige Verwaltungsfunktionen in Zukunft auf dem Wege einer öffentlichen Ausschreibung vergeben wollen".

In einer Stellungnahme der US-Delegation vom Montag hiess es hingegen, alle Regierungen könnten an der Netzverwaltung innerhalb der ICANN mitwirken. Deshalb erübrige sich ein neues Gremium zur Aufsicht über die Verwaltung des Internet wie hinsichtlich des Domain Name Systems oder der Vergabe von IP-Adressen. Interessierte Kreise in den USA unterstellen den Vereinten Nationen, eine Internationalisierung des Internet anzustreben, was UN-Generalsekretär Kofi Annan bereits dementierte.

Ein EU-Vertreter erklärte dazu, man wolle den Begriff Internationalisierung nicht verwenden, stehe aber zu dem EU-Vorschlag einer neuen Internet-Aufsicht. Derzeit wird die zentrale Internet-Administration von der quasi privatwirtschaftlich agierenden Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)  ausgeübt, deren Aufsicht die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) der USA innehat. Vertreter der Zivilgesellschaft und von Staaten wie Brasilien und China sehen dies als eine Lösung, deren Wohl und Wehe von den Vereinigten Staaten abhängt und die der weiteren Kommerzialisierung und marktwirtschaftlichen Verwertung durch Großkonzerne Vorschub leistet.

Die EU machte deutlich, dass auch sie keine Einflussnahme auf die täglich anfallenden Prozesse der Internetverwaltung wünscht, sehr wohl aber eine größere Rolle bei der generellen Netzpolitik. Iran, Saudi Arabien, China und einige andere Länder fordern eine weiter gehende Einflussnahme in Form eines von den Regierungen gestellten "Welt-Internet-Rates". Die USA argumentieren, die Regierungen könnten im Regierungsbeirat (GAC) der ICANN beratend mitwirken.

Wie heise online berichtete, fürchten die Befürworter einer Demokratisierung der Internet-Verwaltung, dass die USA "auf Zeit spielen". Am morgigen Dienstagnachmittag müsse ein gemeinsames Papier zur Netzverwaltung vorliegen, damit der Weltinformationsgipfel, der am Mittwoch in Tunis beginnt, nicht schon im Vorfeld als gescheitert angesehen werden muss. Der Gipfel wird von UN-Generalsekretär Kofi Annan eröffnet.

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