misereorAachen. - Fünf Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe bestehen in Pakistan weiter große Defizite beim Schutz der Bevölkerung vor ähnlichen Naturereignissen. Darauf hat das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR am Mittwoch hingewiesen. Insbesondere die ungleiche Landverteilung mache Pakistan im Falle von Naturkatastrophen verwundbar.

"Die aktuellen Nachrichten über erneute Überschwemmungen zeigen, dass es im Land nach wie vor keine ausreichenden Vorkehrungen gibt, um Flut angemessen zu bewältigen und die Risiken für die Bevölkerung zu verringern", sagte Frank Falkenburg, der als Berater zahlreiche Nothilfe- und Wiederaufbaumaßnahmen von MISEREOR-Partnerorganisationen in Pakistan eng begleitet hat. Gerade den Kleinbauern fehle es zudem an notwendigen Voraussetzungen, ihre Lebensweise an die Folgen des Klimawandels anzupassen, etwa durch die Verwendung von traditionellen Saatgutsorten, die besser an das Klima im Land angepasst und sowohl flut- als auch dürreresistent sind.

Vor allem im Süden Pakistans mit mehr als 190 Millionen Einwohnern befinden sich weite Teile des Landes im Besitz von einigen wenigen Großgrundbesitzern. "Sofern die Kleinbauern überhaupt Land besitzen, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in ungünstigen Lagen zu siedeln, wo die Anfälligkeit für die Folgen von Naturkatastrophen besonders groß ist", beklagte Falkenburg. Auch deswegen hätten zahlreiche Menschen durch die Fluten von 2010 und 2011 ihre gesamte Ernte und viel kultivierbares Land verloren. Verschärft habe sich die Lage auch dadurch, dass das Wasser damals in einigen Regionen von den Flächen reicher Eliten in andere Gebiete abgeleitet worden sei. Die Klagen betroffener Anwohner bei Landbesitzern, aus deren Kreis ein großer Teil der Regierungsmitglieder stamme, seien erfolglos geblieben.

Die nicht zuletzt durch die Kolonialgeschichte bedingte ungleiche Landverteilung bleibt nach Einschätzung von Falkenburg eines der Hauptprobleme Pakistans. Heute seien viele Bauern hoch verschuldet, unter anderem weil sie teures Saatgut und Dünger bezahlen und große Anteile ihres landwirtschaftlichen Ertrages an die Großgrundbesitzer abgeben müssten. Daher könnten viele von ihnen nicht von dem leben, was sie anbauen - ein Problem, das auch vor der großen Flut bereits existierte. Noch heute sei fast die Hälfte der Menschen in Pakistan in der Landwirtschaft tätig.

Bei der Flutkatastrophe im Sommer 2010 hatten zeitweise rund 20 Prozent der gesamten Landfläche Pakistans unter Wasser gestanden. Etwa 2.000 Menschen starben, zwölf Millionen Menschen wurden obdachlos, 1,9 Millionen Häuser zerstört. Problematisch wurde die Situation MISEREOR zufolge damals auch, da es von offizieller Seite nur wenige frühzeitige Warnungen vor der Flut gab, deren Ausmaß deutlich unterschätzt wurde und viele Menschen sich von der Katastrophe schlicht überrascht zeigten. Partnerorganisationen, mit denen MISEREOR bereits lange Zeit zusammengearbeitet hatte, reagierten nach Eintreten der Katastrophe schnell und leiteten umfassende Nothilfe-Aktionen ein.

MISEREOR hat nach eigenen Angaben seit 2010 rund 14 Millionen Euro für Nothilfe, Wiederaufbau, langfristige Rehabilitationsmaßnahmen und weitere Entwicklungsvorhaben in insgesamt 55 Projekten eingesetzt. Ziel ist dabei vor allem, die Selbsthilfe-Kapazitäten der Bevölkerung zu stärken. Daher bestand eine der wichtigsten Hilfen des Aachener Hilfswerks in der Finanzierung von Hausdächern. Alle weiteren Teile des Wiederaufbaus bewältigten die Partner vor Ort in Eigenregie, wobei auf traditionelle Methoden und Baustoffe wie Lehm und eine flexible Ausgestaltung der Häuser je nach den individuellen Bedürfnissen der Familien besonderer Wert gelegt wurde.

Insgesamt konnte auf diese Weise der Bau von mehr als 25.000 Häusern unterstützt werden. Weitere Schwerpunkte der MISEREOR-Hilfe lagen in der Förderung des Wiederaufbaus von kleinbäuerlicher Landwirtschaft sowie in Maßnahmen zur verbesserten Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser. Trotz der insgesamt unzureichenden Schutzmaßnahmen im Falle einer erneuten Flut gibt es nach Ansicht von Falkenburg immerhin einen Hoffnungsschimmer: "Einige Dorfgemeinschaften beginnen sich aus den Abhängigkeiten zu befreien. Ein langer Prozess, bei dem auch unsere Partnerorganisationen lernen, die Bevölkerung über die Hilfeleistung hinaus zu unterstützen."

Quelle: www.misereor.de 


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