Frankfurt (epo). - die Frankfurter Hilfsorganisation medico international und das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC) haben vor neuer Gewalt nach dem Abzug der UN Blauhelme aus Sierra Leone gewarnt. Im kommenden Jahr drohten Armut und Diamanten-Schmuggel das Land zu destabilisieren, erklärten die beiden Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung. Das Mandat der UN Blauhelm-Mission UNAMSIL endet am 31. Dezember.
Der Einsatz der UN Blauhelme in Sierra Leone beendete den blutigen Bürgerkrieg in dem westafrikanischen Land und gilt als einer der erfolgreichsten Blauhelmeinsätze in der Geschichte der Vereinten Nationen. Medico und BICC warnten, dass die Hoffnung, der Friede in Sierra Leone sei gesichert, trügerisch sei. Der Konflikt könne jederzeit neu aufflammen, sagte Anne Jung von medico international. Wolf-Christian Paes vom BICC erklärte, Sierra Leone könne zum ersten Prüfstein der neu gegründeten UN Kommission zur Friedensstiftung werden. Diese habe sich zur Aufgabe gestellt, den Frieden mit integrierten Strategien zur ökonomischen und politischen Entwicklung zu sichern. Solche kohärenten Strategien, so medico international und BICC, fehlten bislang in Sierra Leone.
Der im August 2005 erschienene Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission Sierra Leones nannte u.a. massive Armut und Ungleichheit sowie die Perspektivlosigkeit der Jugend als Kriegsgrund. An diesem Zustand habe sich bis heute nichts geändert, stellte Anne Jung fest. Hilfsprojekte hätten zwar versucht, mit Exkombattanten Einkommensalternativen zum Söldnerdasein zu entwickeln. Viele dieser Maßnahmen seien jedoch daran gescheitert, dass keine Absatzmärkte für die Produkte gefunden wurden. "Der Zwang zur Öffnung der Märkte durch internationale Geber und die WTO trägt nicht zur Stabilisierung des Landes bei", so Anne Jung. Hier müsse die UN-Kommission neue Vorschläge entwickeln.
Auch die staatliche Verfasstheit sei mehr als instabil, warnte Wolf-Christian Paes: "An der weitverbreiteten Korruption hat sich auch unter der demokratischen Regierung nichts geändert. Hier ist die internationale Gebergemeinschaft gefordert, mehr Druck auf den angeblichen Musterschüler Sierra Leone auszuüben."
Die Finanzierungsgrundlage des Bürgerkriegs, der Handel mit Diamanten, der seinerzeit den Kriegsparteien zu einem lukrativen Auskommen verhalf, besteht weiterhin. "Der Diamantenschmuggel könnte erneut einen Krieg finanzieren", befürchtet Wolf-Christian Paes. Denn trotz des Kimberley-Abkommens, das Diamanten-Schmuggel verhindern soll, gebe es einen intensiven illegalen Diamanten-Transfer von und nach Sierra Leone und damit eine kaum zu kontrollierende Schattenökonomie.
Medico international und BICC sind Mitglieder der internationalen Kampagne "Fatal Transactions". Die Kampagne setzt sich seit 1999 für die Zertifizierung von Diamanten ein und fordert eine Verschärfung des Kimberley-Abkommens.