Public Eye AwardBern (epo). - 20 internationale Konzerne sind für die "Public Eye Awards" nominiert, die am Eröffnungstag des Weltwirtschaftsforums WEF (25. Januar) für "besonders unverantwortliches Konzernverhalten" in den Kategorien Umwelt, Soziales und Steuern verliehen werden. Die Negativ-Preise werden von den konzernkritischen Schweizer Organanisationen "Erklärung von Bern" und "Pro Natura" gestiftet und im Jahr 2006 zum zweiten Mal vergeben. Erstmals soll in diesem Jahr auch ein "Positive Award" vergeben werden. Moderator der Preisverleihung in Davos ist der bekannte Schauspieler und Satiriker Patrick Frey.

Als Gegenveranstaltung zum WEF ist das seit 2000 jährlich durchgeführte "Public Eye" bereits eine Institution. Die Awards-Zeremonie vom 25. Januar 2006 eröffnet die Berner Publizistin und Alt-Nationalratspräsidentin Gret Haller mit einer Rede zum Thema Unternehmensverantwortung. "Unsere symbolischen Public Eye Awards sollen die WEF-Mitglieder und andere Konzerne daran erinnern, dass ihnen die Öffentlichkeit auf die Finger schaut. Die Missachtung von Menschen- und Arbeitsrechten werden heute ebenso wenig toleriert wie Umweltsünden und Steuervermeidung", erklärte Oliver Classen von der Erklärung von Bern am Donnerstag in der Schweizer Hauptstadt.

Pressekonferenz Public Eye Awards
v.l.: Sonja Ribi, Oliver Classen, Andreas Missbach. Foto ? epo

"Transnationale Unternehmen müssen verbindlichen internationalen Regeln unterworfen werden, die sie juristisch verantwortlich, rechenschaftspflichtig und vor allem auch haftbar machen", sagte Sonja Ribi von Pro Natura. "Freiwillige Verhaltensregeln, wie beispielsweise der Global Compact der UNO, genügen bei weitem nicht. Ihnen fehlen sowohl Umsetzungsvorschriften als auch Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen. Die Einhaltung liegt in der Hand der Konzerne, deren Engagement sich allzu häufig auf Lippenbekenntnisse oder grossangelegte PR-Kampagnen beschränkt." Dies zeige sich auch am Verhalten des Ölkonzern Shell, der trotz des seit 1984 geltenden Verbots in Nigeria nach wie vor Gas im Nigerdelta abfackele.

Die Preise von 2005 zeigten bei ihren Empfängern "unterschiedliche Wirkung", so die beiden Organisationen bei der Vorstellung der "Kandidaten". Die Schweizer Filiale der für ihre Beihilfe zur Steuervermeidung prämierten Wirtschaftsprüfungsgruppe KPMG International habe ihre "aggressive Steuerberatung für superreiche Privatpersonen" in eine Tochterfirma ausgelagert. Und der für seine offene Gasverbrennung in Nigeria "ausgezeichnete" Ölmulti Shell sei von dortigen Gerichten jüngst zur Einstellung dieser Geschäftspraxis verurteilt worden.

Bollywood-Plakat der Public Eye Awards
Bollywood-Plakat ? Public Eye Awards

Andreas Missbach, Fachbereichsleiter "Banken und Finanzplatz Schweiz" bei der Erklärung von Bern, verwies auf die positiven Effekte des "Agenda-Settings" durch die nichtstaatlichen Organisationen. So habe im vergangenen Jahr das Thema der Steuer-Vermeidung durch Großkonzerne erfolgreich in die Öffentlichkeit getragen werden können. Angesichts der sich verschärfenden Standort-Debatten aufgrund der Auswirkungen der globalen Steuer-Konkurrenz sei es verwunderlich, dass das Thema Steuern beim diesjährigen WEF so gut wie nicht vorkomme.

Der Sprecher der Erklärung von Bern, Oliver Classen, betonte die Bedeutung einer Gegenöffentlichkeit zum WEF. "Ungeachtet der sich weltweit häufenden humanitären Krisen und Umweltkatastrophen propagieren deren Vertreter weiter, mehr Freihandel und Wettbewerb bedeute mehr Wachstum und Wohlstand und damit mehr Freiheit und Demokratie für alle. Dieses neoliberale Mantra ist zumal bei den WEF-Mitgliedern weiterhin unbestritten."

Die zivilgesellschaftliche Oppositionsbewegung, zu der sich auch die Erklärung von Bern zähle, habe gleichwohl viel erreicht, so Classen. "Schmähpreise" wie die Pulblic Eye Awards könnten der Öffentlichkeit aufzeigen, dass "zuviele Konzerne auf dem gesellschaftlichen Auge blind" seien. Das Weltwirtschaftsforum sei in der gegenwärtigen "privatistischen Form" mit geladenen Gästen aus den Reihen der Reichen und Mächtigen eine "Ausgeburt menschlicher Eitelkeit" und damit "absolut entbehrlich".

Die Preisträger der Negativpreise werden am 25. Januar in Davos vom Satiriker und Schauspieler Patrick Frey vorgestellt. Die 20 für die "Public Eye Awards 2006" nominierten Unternehmen waren im vergangenen Herbst von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt ausgesucht worden. Darunter sind Unternehmen wie Alcoa, Bayer AG, Chevron Corp., Citigroup Inc., The Coca-Cola Company, FILA, GAP Inc., Nestlé S.A., Novartis und andere Basler Chemiefirmen, Tesco plc, Vattenfall Europe und die Walt Disney Company.

Patrick Frey
Patrick Frey. Foto ? PEA

Für die drei Kategorien Umwelt, Soziales (Menschen- bzw. Arbeitsrechte) und Steuern haben die "Public Eye"-Organisatoren nach eigenen Aussagen jeweils einen Gewinner ermittelt, "dessen ökologisches oder gesellschaftliches Fehlverhalten besonders hervorsticht". Einige Überraschungen seien "in Planung, hieß es bei der Pressekonferenz in Bern. In Davos werde man die Medien mit einem prominenten "Staatsgast"  überraschen.

Public Eye Awards


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