Göttingen. - Nach dem verheerenden Selbstmordanschlag in Mali mit mindestens 60 Toten und 115 Verletzten ist laut Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Zahl der Opfer islamistischen Terrors auf 411 seit Januar 2016 gestiegen. Unter den Getöteten waren 209 Zivilisten. "Diese traurige Bilanz belegt, wie dramatisch sich die Sicherheitslage in dem westafrikanischen Staat im vergangenen Jahr verschlechtert hat", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.
"Insgesamt gab es 394 Angriffe von Terroristen, auf das Jahr gerechnet sind das mindestens einer pro Tag", sagte Delius. Unter den Opfern seien nicht nur malische Armeeangehörige, sondern auch Blauhelmsoldaten. So seien seit Juli 16 ausländische Soldaten, die zur Minusma-Stabilisierungsmission gehörten, getötet und 57 verletzt worden. Das jüngste Selbstmordattentat ereignete sich in der Stadt Gao, in der die deutschen Soldaten stationiert sind. Der Bundestag berät am Freitag über den Mali-Einsatz der Bundeswehr.
"Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Sicherheitslage stellt sich die Frage, wie effizient der seit drei Jahren bestehende Ausbildungs-Einsatz der Bundeswehr in Mali ist und wann Malis Armee endlich in der Lage sein wird, ihr Land und die Bevölkerung wirksam zu schützen", sagte Delius. "Wir fordern eine transparente Bestandsaufnahme des bisherigen Bundeswehr-Engagements und die Vorlage eines umfassenden Gesamtkonzepts für Frieden und Stabilität in Mali. Angesichts der erschreckenden Zahlen wäre ein unkritisches Durchwinken des Kabinettsbeschlusses zur Ausweitung des Mali-Einsatzes unverantwortlich."
Das Bundeskabinett hatte Mittwoch vergangener Woche beschlossen, den Bundeswehr-Einsatz in Mali zu verlängern und auszuweiten. So sollen acht Hubschrauber und bis zu 470 weitere deutsche Soldaten in der Minusma zum Einsatz kommen.
Die Opfer des Selbstmordanschlags vom Dienstag waren ehemalige Tuareg-Kämpfer und malische Soldaten des MOC-Koordinationszentrums, die im Rahmen des Friedensabkommens für Nord-Mali zukünftig gemeinsam Militär-Patrouillen durchführen sollten. Der Aufbau des MOC war mit vielen Schwierigkeiten und politischen Auseinandersetzungen verbunden. Tuareg werfen der Regierung Malis vor, die Umsetzung des am 15. Mai 2015 abgeschlossenen Friedensvertrages zu verschleppen. Er sollte zu einer Stabilisierung von Nord-Mali beitragen. Dort brechen seit den 90er-Jahren immer wieder Tuareg-Aufstände aus. Die Tuareg fordern seit Jahrzehnten mehr Selbstverwaltung und Entwicklung für den Norden des Landes, in dem sie seit Generationen leben.
Quelle: www.gfbv.de