urgewald Berlin. - Am Montag und Dienstag hält die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ihre Jahrestagung im indischen Mumbai ab. Sie ist die erste multilaterale Bank unter chinesischer Führung, an der westliche Staaten beteiligt sind. Seit ihrer Gründung Anfang 2016 steht sie in der Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen wegen der drohenden Missachtung fundamentaler Schutzkriterien bei den von ihr finanzierten Projekten. Die Umwelt- und Sozialstandards der Bank enthielten massive Schlupflöcher, kritisiert die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald.

"Das Bundesfinanzministerium rechtfertigte Deutschlands Rolle als Gründungsmitglied der AIIB damit, nur so für die Einhaltung höchstmöglicher Standards für Menschen und Umwelt bei Projekten der AIIB sorgen zu können", erklärte Korinna Horta, Expertin für multilaterale Banken bei urgewald. "Doch nun zeigt sich, dass die chinesische Führung wenig Interesse an Transparenzvorschriften hat, die für die Einhaltung von Schutzstandards von fundamentaler Wichtigkeit sind. Es ist höchste Zeit für die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass das AIIB-Management detaillierte Projektinformationen öffentlich zugänglich macht."

Die Mission der AIIB ist es, in große Infrastrukturprojekte in Asien, aber auch außerhalb Asiens zu investieren. Solche Investitionen, die Bergbau, Pipelines, Transportkorridore und große Staudämme einschließen, haben nach bisherigen Erfahrungen immer wieder schwerwiegende und oft irreversible Umwelt- und Sozialauswirkungen. Beispiele sind die rücksichtslose Vertreibung oder erzwungene Umsiedlung ganzer Dörfer, die Abholzung von Wäldern, Betrug und Korruption. Im Januar 2016 hat die Bank daher Umwelt- und Sozialrichtlinien erlassen, etwa für die Prüfung der Folgen für indigene Bevölkerungsgruppen, die besonders verletzlich sind und besonderen Schutz genießen.

Die Schlupflöcher bei diesen Richtlinien seien jedoch riesengroß, so urgewald. Ein zentrales Problem sei, dass die AIIB auch die Anwendung von Regeln der Nehmerländer zulassen will – wobei noch überhaupt nicht klar sei, wie sie sicherstellen will, dass für betroffene Menschen und Umwelt hier vergleichbare Schutzstandards wie bei der AIIB gelten. "Durch das Outsourcing von Verantwortung will die AIIB neue Kunden gewinnen, gleichzeitig missachtet sie den Anspruch von Menschen in betroffenen Regionen gehört zu werden. Wollen sich Betroffene etwa gegen fehlende Entschädigung oder Zwangsumsiedlung für einen Staudamm wehren, sind sie von den oft korrupten und nicht funktionierenden Regierungsapparaten abhängig", so Horta. Hinzu kämen große Klima- und Gesundheitsgefahren: Die Energiestrategie der AIIB schließe die Finanzierung von Kohleprojekten, anders als etwa bei der Weltbank, nicht aus.

Auch die kürzlich vorgestellten Entwürfe für eine Transparenzrichtlinie und einen Beschwerdemechanismus stellten Betroffene vor riesige Hürden, so urgewald. Wollten sich betroffene Menschen beschweren, liege die Beweispflicht dafür, dass der Schaden bei einem Projekt aus fehlender Beachtung der AIIB-Vorgaben entstanden ist, bei ihnen. Das setze detaillierte Kenntnis und eine gewisse juristische Interpretation der AIIB-Politikrichtlinien voraus, außerdem sehr gute Englischkenntnisse. "Dies ist eine unangemessene Bürde für betroffene Gemeinschaften, die oft in abgelegenen ländlichen Regionen oder in marginalisierten Umständen leben", kritisierte Horta. "Es sollte genügen, dass sie den Schaden oder den möglichen Schaden beschreiben und den Zusammenhang mit einem von der AIIB finanzierten Projekt herstellen."

Horta fordert eine klare Strategie von Deutschland und alliierten Staaten. "Es wird für Deutschland und die anderen Mitgliedsländer ein ständiger Kampf sein sicherzustellen, dass die AIIB nicht zum Instrument für den Export einer neuen Weltordnung wird, in der grundlegende Menschenrechte, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und andere demokratische Werte beiseitegeschoben werden."

Quelle: www.urgewald.de 


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