Berlin. - Myanmars Militär hat seit Ende August 2017 mehr als 702.000 Rohingya aus Rakhine zur Flucht nach Bangladesch gezwungen, die vor den Angriffen im nördlichen Rakhine lebten. Der neue Amnesty-Bericht "We Will Destroy Everything: Military Responsibility for Crimes against Humanity in Rakhine State, Myanmar" dokumentiert das Vorgehen der Militäreinheiten in Rakhine. Der Berichte zeige, "dass die Verantwortung für die Menschenrechtsverletzungen bis in die obersten Befehlsstrukturen reicht", erklärte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Berlin.
Amnesty führte in den vergangenen neun Monaten über 400 Interviews und wertete Satellitenbilder, Foto- und Videoaufnahmen sowie kriminaltechnische Untersuchungen aus. "Im Bundesstaat Rakhine kam es zu massenhaften Vergewaltigungen, Verschwindenlassen, Folter mit Todesfolge und Massakern an den Rohingya durch Polizei und Militär. Hunderte Dörfer wurden niedergebrannt. Tausende Menschen wurden auf grausame Weise ermordet. Viele starben im Feuer, wurden auf der Flucht erschossen oder bei Massenhinrichtungen ermordet", erklärte Anika Becher, Asien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. "Amnesty dokumentiert, dass die Sicherheitskräfte in Myanmar insgesamt neun der im Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes genannten verschiedenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben."
Der Bericht benennt Militäreinheiten, die in diese Menschenrechtsverletzungen involviert sind. "Einsatzkräfte der Militäroperation sind verpflichtet, hochrangige Offiziere genauestens über ihre Einsätze zu informieren. Demnach müssten Militärs von den systematischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewusst haben oder waren an der Planung und Durchführung beteiligt", so Becher. "Neben Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing hat Amnesty zwölf weitere Personen identifiziert, die bei diesen Menschenrechtsverletzungen eine Schlüsselrolle spielten. Er und alle weiteren Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden."
"Eine Vielzahl an Beweisen zeigt, dass es sich um massenhafte, koordinierte und systematische Angriffe auf die Rohingya handelt, mit dem Ziel, sie aus Myanmar zu vertreiben", erklärte Amnesty. Die Menschenrechtsorganisation forderte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu auf, die Situation in Myanmar an den internationalen Strafgerichtshof zu überweisen und ein umfassendes Waffenembargo sowie gezielte finanzielle Sanktionen gegen Verantwortliche zu verhängen. Mit Hilfe des UN-Menschenrechtsrates solle in Hinblick auf spätere Strafverfahren ein Mechanismus zur Sicherung von Beweisen entwickelt werden.
Der Bericht dokumentiert auch Menschenrechtsverletzungen durch die bewaffnete Gruppe "Arakan Rohingya Salvation Army" (ARSA). ARSA-Angehörige seien für gezielte Tötungen von Angehörigen anderer ethnischer und religiöser Gruppen verantwortlich und von Rohingya, die sie als Informanten für die Behörden verdächtigten.
Quelle: www.amnesty.de