Rom. - Alle zwei Jahre, anlässlich der Sitzung des Ausschusses für Fischerei, veröffentlicht die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ihren Bericht über den Zustand der Weltfischbestände und der Aquakultur. "State of World Fisheries and Aquaculture" (SOFIA) basiert auf den offiziellen Daten der Staaten, die zusammengetragen und detailliert ausgewertet werden. Die Ergebnisse und die von SOFIA aufgezeigten Entwicklungstendenzen sind weltweit ein Gradmesser für die Probleme in der Fischereiwirtschaft. Fair Oceans nimmt zum mittlerweile vierten Mal an der Sitzung teil, die noch bis 13. Juli in Rom stattfindet. Die vorgelegten Zahlen aus dem aktuellen SOFIA-Bericht von 2018 machen deutlich, dass die Überfischung der Ozeane und Meere weiterhin ungebremst zunimmt.

Von 1974 bis 2015 hat sich die Überfischung der Weltmeere von 10% auf nun 33,1% erhöht, so Fair Oceans. Durchschnittlich gab es in diesem Zeitraum von Jahr zu Jahr einen Anstieg von gut einem halben Prozentpunkt. Der Vergleich mit den Zahlen aus den Jahren 2009, 2011 und 2013 zeigt nun eine überdurchschnittlich starke Zunahme der Überfischung, die sich mit dem neuen Bericht bestätigt. Von 1989 bis 2009 betrug der Anstieg über diese 20 Jahre insgesamt nur rund 4%. In jüngster Zeit hat sich die Geschwindigkeit, mit der die Überfischung zunimmt, jedoch dramatisch beschleunigt. Seit 2009 addiert sich diese Zunahme schon jetzt bis zur aktuell in Rom vorgestellten Bestandsaufnahme aus dem Jahr 2015 auf 3,2%. Allein von 2013 bis 2015 wuchs die Zahl der über ihre ökologischen Grenzen hinaus ausgebeuteten Bestände um 1,7%.
Der Bericht der Welternährungsorganisation zur Fischerei sei aber weit mehr als eine bloße Zahlensammlung, so Fair Oceans. Er verdeutliche die globale Bedeutung der Fischerei für die Ernährungssicherheit, ebenso wie die Notwendigkeit, die Fischbestände nachhaltig zu managen.

"Der Meeresschutz hat in Öffentlichkeit und Politik an Gewicht gewonnen", sagte Kai Kaschinski, Projektkoordinator von Fair Oceans. "Trotzdem verschlechtert sich der Zustand der Meere und speziell der Fischbestände unaufhörlich. Der aktuelle Bericht der Welternährungsorganisation zeigt die ganze Dramatik dieser Situation. Die Ausweitung der Überfischung wird mittelfristig katastrophale Folgen haben. Schreibt sich die Entwicklung fort, bricht rein rechnerisch spätestens Ende diesen Jahrhunderts der letzte Fischbestand zusammen. Die Fischereiwirtschaft wird entsprechend früher in der Bedeutungslosigkeit versinken."

SOFIA stellt unter anderem auch die neuen Zahlen zum Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch und Meeresfrüchten vor. 2017 waren es 20,5 kg, 0,4 kg mehr als 2014, die weltweit durchschnittlich pro Kopf verzehrt wurden. Rund 3,2 Milliarden Menschen deckten dabei ihren Bedarf an tierischem Eiweiß zu etwa 20% aus der Fischerei und Aquakultur. Während die Wildfänge seit Mitte der 90er Jahre stagnieren, sichert die Aquakultur mit ihren Produktionssteigerungen den kontinuierlichen Anstieg des Angebots. 80 Millionen Tonnen der Gesamtmenge an Fisch und Meeresfrüchten von 171 Mio. Tonnen kamen Ende 2016 aus der Aquakultur. Da ein erheblicher Teil des Wildfangs zu Fischmehl verarbeitet wird, stammt mittlerweile mehr als die Hälfte des Fisches und der Meeresfrüchte für den menschlichen Verzehr aus der Aquakultur.

"Die großen Umbrüche, die wir derzeit auf dem Meer erleben, treffen die Fischereiwirtschaft in doppelter Hinsicht", erklärte Kai Kaschinski. "Zum einen verändert sie sich von innen heraus und wird mehr und mehr von der Aquakultur dominiert, mit all den negativen Aspekten der Massentierhaltung. Auf der anderen Seite ist der Zusammenbruch der natürlichen Bestände nicht nur dem Missmanagement in der Fischerei geschuldet. Meeresverschmutzung, Offshore-Projekte, Schifffahrt, Tourismus und nicht zuletzt der Klimawandel bedrohen die Fischbestände in vielerlei Hinsicht. Die Industrialisierung der Meere mit ihren negativen Begleiterscheinungen geschieht auf Kosten der Fischerei."

Allein in ihrer neuesten Studie zum Klimawandel, die am zweiten Tag der Sitzung des Ausschusses für Fischerei vorgestellt wurde, geht die Welternährungsorganisation durch die Erwärmung der Ozeane von zusätzlichen Verlusten beim Fischfang von bis zu 12,1% aus.

Francisco Mari, Referent von Brot für die Welt, stellte fest: "Mit der zunehmenden Überfischung und dem Verlust der Fischbestände werden die Existenzgrundlagen der Kleinfischer gefährdet. Ihre zentrale Rolle für die Ernährungssicherheit im globalen Süden muss jedoch in jedem Fall gewahrt bleiben. Wir unterstützen deshalb die Umsetzung der Richtlinien zum Schutz der Kleinfischerei. Die Initiativen der Welternährungsorganisation in diesem Bereich müssen von der EU politisch und auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützt werden. Das Gleiche gilt für den Klimaschutz und die illegale Fischerei. Auch hier müssen die EU und die Bundesregierung handeln und dabei vorrangig die Bedürfnisse der Kleinfischerei in ihre Überlegungen einbeziehen."

Fair Oceans sieht in der Richtlinie zum Schutz der Kleinfischerei eine gute Grundlage, um entwicklungspolitischen Problemen in der internationalen Fischereipolitik Geltung zu verschaffen und das Management der Küstenzonen sozial gerechter und zugleich ökologisch sinnvoll zu gestalten. Es seien die armen Küstengemeinschaften, die am stärksten von einer intakten Meereswelt abhängig sind und denen die Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme am meisten zusetze.

Quelle: www.fair-oceans.info 


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