Freiburg. - 50 Jahre nach dem Ende des verheerenden Biafra-Konflikts in Nigeria hat Caritas international vor zunehmender Aufweichung der Humanitären Prinzipien und immer begrenzteren Spielräumen für humanitäre Helferinnen und Helfer gewarnt. "Damals wie heute kommt es immer wieder zu Widerständen gegen die lebenswichtige Arbeit von Hilfsorganisationen in kriegerischen Konflikten", sagte Peter Neher, der Präsident des Deutschen Caritasverbandes. Mitarbeitende von Hilfsorganisationen müssten zunehmend unter enormen Risiken agieren. Das zeige sich derzeit besonders in Ländern wie dem Jemen, Mali, Somalia oder Kolumbien.
Neher appellierte an die internationale Gemeinschaft, mehr für den Schutz der Mitarbeitenden in der humanitären Hilfe zu tun und zudem Zugänge für Hilfswerke in kriegerischen Konflikten zu schaffen.
Mit Blick auf den zwischen 1967 und 1970 herrschenden Biafra-Konflikt in Nigeria, bei dem Hilfsorganisationen aufgrund der dramatischen Situation ohne Zustimmung der dortigen Zentralregierung Hilfe leisteten, sagte Neher: "Es war ein unglaublicher Kraftakt, den die Weltkirchen damals, Ende der 1960er Jahre, geleistet haben. Es handelte sich um nicht weniger als die größte ökumenische Hilfsaktion nach dem Zweiten Weltkrieg, die nach UN-Schätzungen mehr als einer Million Menschen das Leben in der umkämpften Region Nigerias gerettet hat. Diese großartige Solidaritätsaktion kirchlicher Hilfswerke müssten sich die Regierungen der Erde heute zum Vorbild nehmen, um militärische und gewaltsame Konflikte künftig zu vermeiden", so Neher.
Angesichts der Zunahme wetter- und naturbedingter Katastrophen, die die Katastrophenhilfswerke wie Caritas international oder Diakonie Katastrophenhilfe mehr und mehr fordern, sollten zumindest menschengemachte Katastrophen durch friedliche Lösungen der Politik der Vergangenheit angehören. "Dort wo Konflikte dennoch aufflammen, muss jedoch der Zugang humanitärer Hilfe uneingeschränkt möglich und das Leben der Helfenden sicher sein", sagte Neher.
Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist jedoch gegenläufig. Vor allem in innerstaatlichen Konflikten respektierten die Kriegsparteien immer seltener humanitäre Prinzipien. So verzeichnet der aktuelle Aid Worker Security Report von 2018 weltweit 399 entführte, verletzte oder getötete Helferinnen und Helfer - 86 Gewaltopfer mehr als ein Jahr zuvor.
Die Hilfsorganisationen müssen die Grundsätze Humanitärer Hilfe bewahren, gleichzeitig aber auch nach außen verteidigen. "Die Gefahr ist groß, dass Humanitäre Hilfe instrumentalisiert und einseitig vereinnahmt wird", warnte Neher. Das aber mache die Hilfe angreifbar. Gerade der Konflikt um Biafra sei ein Lehrbeispiel dafür gewesen, wie bedeutend die Einhaltung dieser Grundsätze für die Humanitäre Hilfe ist.
Gegen den Widerstand der Zentralregierung Nigerias wurde die kirchliche Luftbrücke, die "Joint Church Aid", vor allem auch unter Beteiligung der Caritas Deutschland und der Diakonie Katastrophenhilfe 1968 organisiert. Sie bestand zwei Jahre und versorgte die militärisch eingeschlossene Bevölkerung in Biafra von der portugiesischen Atlantikinsel São Tomé aus mit Lebensmitteln und Medikamenten. Mit mehr als 5.300 Flügen wurden 60.000 Tonnen Nahrungsmittel nach Biafra transportiert. Bei der Unternehmung kamen 17 Piloten, 122 biafranische, sowie 18 europäische und amerikanische Helfer ums Leben.
Quelle: www.caritas-international.de