Berlin. - Das Coronavirus hat nun auch Syrien erreicht. Aktuell sind 44 Fälle bestätigt. Die internationale Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger warnt vor den Folgen, die eine unkontrollierte Ausbreitung der Infektionskrankheit in dem Bürgerkriegsland haben könnte. Aufgrund des weitgehend zerstörten Gesundheitssystems und der schlechten Wasserversorgung sind Millionen Menschen in Syrien dem Virus schutzlos ausgeliefert. Nothilfeteams vor Ort passen ihren Einsatz bereits mit Hochdruck an die neuen humanitären Herausforderungen durch COVID-19 an.
"Die internationale Gemeinschaft darf nicht wegschauen, wenn die Corona-Pandemie Konfliktgebiete wie Syrien erreicht und sich dort ungehindert ausbreiten kann. Die rund 17 Millionen Syrer*innen stehen dem Virus völlig schutzlos gegenüber", sagte Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger. "Die Menschen in Syrien leiden seit 9 Jahren an einem unerbittlichen Krieg. Deutschland und Europa müssen nun Solidarität zeigen und zu ihren Werten stehen. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie sich endlich ernsthaft für Friedensgespräche in Syrien einsetzt, um diesen zerstörerischen Konflikt zu beenden. Außerdem müssen genügend Gelder für den humanitären Einsatz vor Ort bereitgestellt werden, damit so viele Leben wie möglich gerettet werden können."
Aktion gegen den Hunger befürchtet eine rasche Ausbreitung von COVID-19 in Syrien, wie sie in den Nachbarländern bereits zu beobachten sei. Die medizinische Versorgung im Land sei desolat: Sieben von zehn Mitarbeiter*innen im Gesundheitssystem hätten seit 2011 das Land verlassen. Nur 59 der 111 Krankenhäuser in Syrien seien noch in Betrieb und könnten aufgrund von fehlendem medizinischen Material und Medikamenten nur eine eingeschränkte Versorgung anbieten.
"Ich möchte mit Nachdruck daran erinnern, dass die Pandemie hier ein Land bedroht, in dem aktuell 11 Millionen Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, davon sind 4,5 Millionen in akuter Not. In Syrien gibt es 6 Millionen Binnenvertriebene und Geflüchtete. Die Ausgangsbeschränkungen, die seit dem 14. März gelten, erschweren die humanitäre Hilfe. Davon sind all diese Menschen abhängig", erklärte Chiara Saccardi, Regionaldirektorin von Aktion gegen den Hunger im Mittleren Osten. "Besonders die Situation in den Geflüchtetenlagern im Nordwesten bereitet uns große Sorgen. Aber auch im Nordosten wäre ein möglicher Ausbruch katastrophal – die Bevölkerung dort wäre dem Virus durch die mangelhafte Wasserversorgung völlig schutzlos ausgeliefert."
In der Stadt al-Hasaka sind etwa 500.000 Menschen von der Versorgung durch die Wasserstation Alok abhängig – und diese wird momentan ständig unterbrochen. Das ist nur eines von zahlreichen Beispielen, die verdeutlichen, wie sehr die Zivilbevölkerung unter der Zerstörung des Krieges leidet. Noch nicht einmal regelmäßiges Händewaschen mit Seife zum Schutz vor Krankheiten ist hier allen Menschen möglich. In den Apotheken der umliegenden Region gibt es kaum noch medizinische Hilfsgüter und Medikamente.
Das Team von Aktion gegen den Hunger vor Ort hat sofort reagiert und verschiedene Maßnahmen begonnen, um der Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen. In al-Hasaka wurde die Verteilung von sauberem Wasser verstärkt, auch in Idlib wird die Wasserversorgung gerade hochgefahren. Weitere Maßnahmen sind die Verteilung von Hygiene-Kits, die Unterstützung der Krankenhäuser bei Infektionsschutz und Diagnosen, Aufklärung in Hygienemaßnahmen sowie die Abfederung des wirtschaftlichen Rückschlags durch die Ausgangsbeschränkungen. Seit Anfang des Jahres hat Aktion gegen den Hunger in Syrien nach eigene Angaben mehr als 300.000 Menschen geholfen.
Quelle: www.aktiongegendenhunger.de